Film
Pierre Monnard: «Betty Bossi» als Porträt einer Zeit im Umbruch

Wer hat noch nie ein Gericht nach einem Rezept von Betty Bossi gekocht? Der Schweizer Regisseur Pierre Monnard folgt mit dem Film «Hallo Betty dieser fiktiven Hausfrau und stellt gleichzeitig mit Emmi Creola deren Erfinderin vor.
Publiziert: 08:31 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
Pierre Monnard, Regisseur von "Hallo Betty". (Archivbild)
Foto: JEAN-CHRISTOPHE BOTT
KEYSTONE-SDA_Quadrat_pos.jpg
Keystone-SDADie Schweizer Nachrichtenagentur

«Ich frage mich immer, welche Schweizer Geschichte alle Menschen berühren könnte: die aus der Deutschschweiz, die Romands, die aus dem Tessin. Betty Bossi hat sich hier quasi aufgedrängt», sagt Pierre Monnard gegenüber Keystone-SDA. Man habe zu Beginn weder gewusst, woher sie gekommen sei, noch wer sie erfunden hatte. Bei den Recherchen sei man dann auf die Zürcher Werbetexterin Emmi Creola gestossen, eine «unglaublich» fortschrittliche Persönlichkeit.

Für die Hauptrolle engagierte Monnard seine Lieblingsschauspielerin Sarah Spale, mit der er nun bereits viermal zusammenarbeitet hat - unter anderem im Erfolgsfilm «Platzspitzbaby». «Sie hat diese einzigartige Fähigkeit, gleichzeitig Stärke und Zerbrechlichkeit auszudrücken. Meiner Ansicht nach ist sie eine der besten Schauspielerinnen ihrer Generation.»

Der Film «Hallo Betty» bewegt sich zwischen freier Biografie und intimer Romanze. «Die Liebesgeschichte zwischen Emmi und ihrem Mann Ernst, gespielt von Martin Vischer, ist das Herzstück der Erzählung», sagt Pierre Monnard. «Der Wille zusammenzubleiben, sich gegenseitig zu befruchten, Familienleben und persönliche Ambitionen unter einen Hut zu bringen, das ist ausgesprochen zeitgemäss.»

Der Film gewährt sich eine gewisse narrative Freiheit, stützt sich aber gleichzeitig auf Archive, Briefe und Zeugenaussagen. «Ich hoffe, dass Emmi Creola sich in dem Film wiedererkennen würde, wenn sie ihn sehen könnte.»

Für Pierre Monnard ist «Hallo Betty» mehr als eine Biografie. Es sei das Porträt einer Zeit im Umbruch: der 1950er-Jahre, zwischen technologischer Revolution, sozialen Umwälzungen und den Anfängen der Frauenemanzipation. «Die 1950er-Jahre brachten eine kleine Revolution in den Haushalt: Radio, Fernsehen und Haushaltsgeräte hielten Einzug. Und Betty Bossi verkörperte diesen Wandel perfekt.»

Der Film thematisiert auch die Einwanderung aus Italien in die Schweiz, die zu einer Veränderung der Essgewohnheiten beigetragen hat. Man vergesse, dass man vor den 1950er-Jahren hier kaum Pizza gegessen habe. «Betty Bossi war eine der ersten, die ihre Kochbücher für diese Einflüsse öffnete.»

Die kulinarische Reise führte bis in exotische Gefilde: Der Toast Hawaii hielt Einzug in die Schweizer Haushalte und versprach exotischen Genuss zum kleinen Preis. «Eine einfache Ananasscheibe und eine rote Kirsche reichten aus, um sich wie auf Reisen zu fühlen», bemerkt Monnard.

Der Filmemacher traf auf ein eingespieltes Team, namentlich auf den Produzenten Peter Reichenbach, den Drehbuchautor André Küttel, den Kameramann Tobias Dengler und den Komponisten Nicolas Rabaeus. Zusammen haben sie bereits bei «Platzspitzbaby», «Wilder» und «Bisons» gearbeitet.

Auch der Westschweizer Schauspieler Cyril Metzger ist erneut dabei, diesmal in der Rolle eines ehrgeizigen Werbers. Er hatte bereits in Pierre Monnards «Winter Palace» mitgespielt, der ersten Schweizer Fiction-Serie, die von RTS und Netflix koproduziert wurde.

«Hallo Betty“ erlebte beim Geneva International Film Festival GIFF die Schweizer Vorpremiere und kommt ab 20. November in die Kinos- zuerst in der Deutschschweiz und im Tessin und ab 26. November in der Romandie.

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Heiss diskutiert
    Meistgelesen
      Meistgelesen