Film
Oliver Rihs über seinen Film mit Öko-Gangstern und Bienen im Rausch

Zwanzig Jahre nach dem Original kommt mit «#SchwarzeSchafe» ein neuer Film mit schwarzhumorigen Berlin-Geschichten in die Kinos. Im Gespräch erzählt der Regisseur Oliver Rihs, welche Eigenschaft seine Figuren vereint.
Publiziert: 24.07.2025 um 11:05 Uhr
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Regisseur Oliver Rihs findet, jeder Mensch habe das Recht, dass über ihn gelacht werden darf.
Foto: Handout/Carolina Rihs
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Keystone-SDADie Schweizer Nachrichtenagentur

Fast zwanzig Jahre ist es her, seit der in Berlin lebende Schweizer Regisseur Oliver Rihs mit seiner anarchischen Berlin-Komödie «Schwarze Schafe» die Kinos unsicher gemacht hatte. Ohne Fördermittel und Farbe, dafür mit viel Herzblut und schwarzem Humor gedreht, stand der Film damals ziemlich auffällig und auch provokativ in der deutschen Komödienlandschaft. Fast ein wenig wie ein schwarzes Schaf.

Seither ist viel Wasser die Spree heruntergeflossen, Rihs hat unterdessen auch anständige Filme gedreht (zuletzt: «Stürm: Bis wir tot sind oder frei") und ist vom «harten Kreuzberg ins ruhige, bürgerliche Charlottenburg» gezogen. So unbeschwert von Verordnungen und Auflagen wie damals lässt sich mittlerweile in Berlin kein Film mehr drehen, und jünger geworden ist man auch nicht. Auch ist es auch hier, dem Klimawandel sei Dank, wie überall sonst heisser geworden.

Aber Berlin ist, wie es lakonisch-liebevoll im Presseheft heisst, entgegen dem Wunsch, eine glanzvolle Metropole zu werden, doch ein «grosser, sozialistischer, schlecht organisierter Bauernhof» geblieben. Und so generiert die Stadt immer noch unzählige Geschichten, die sich zu «Schwarze Schafe»-Episoden formen lassen. Genügend jedenfalls, dass es nicht nur für einen neuen Film reicht, der jetzt in den Schweizer Kinos anläuft, sondern auch gleich noch für eine Serie, die diesen Herbst rauskommen soll.

Doch was, ausser der Berliner Kulisse, ist eigentlich die Grundzutat einer «Schwarze Schafe»-Geschichte? Randständige Figuren, Drogen, Sex, die allgegenwärtige (klein-)kriminelle Energie oder die Abwesenheit von politischer Korrektheit?

Nein, sagt Rihs im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Es sei das Ego der Figuren: «Alle wollen unbedingt irgendetwas, das aber für sie in der Regel gar nicht gut ist. Dabei geraten sie auf Irrwege, klatschen gegen Wände und am Ende bekommen sie dann etwas ganz anderes, als sie ursprünglich gewollt hatten.» Und darüber mache der Film sich dann lustig.

Viele der Geschichten hätten sich tatsächlich so - oder auch ein wenig anders - in der Realität ereignet oder seien sogar autobiografisch, ohne dass er da jetzt im Detail darauf eingehen möchte. «Darüber spreche ich nicht gerne.»

In «#SchwarzeSchafe» ist da zum Beispiel Delphine (Jella Haase), die «genderflexible» Puppen entwirft und zusammen mit Charlotte (Jule Böwe) in den Besitz der Kreditkarte eines Clanchefs kommt - und das auszunutzen weiss. Da sind aber auch der Krabbenfischer Peter (Milan Peschel) und der Bienenzüchter Fritz (Frederick Lau), dessen Schützlinge leider jeweils genau so auf harte Drogen reagieren, wie man es erwarten würde. Und da ist besagter Clanchef Omar (Yasin El Harrouk), der von seiner kleinen Tochter quasi mit einem ökologischen Gewissen angesteckt wird und fortan seinen illegalen Tätigkeiten auf klimagerechte Weise nachgehen möchte.

Es sei ja nicht so, lacht Rihs, der mit dem Milieu nicht ganz unvertraut ist, dass ihm in Wirklichkeit bereits umweltbewusste Gangster begegnet wären. Aber durch den Film hätten manche, die im Film mitgespielt oder ihn gesehen haben, durchaus angefangen, sich Gedanken zu machen. «Bei einigen Akteuren hat er tatsächlich etwas ausgelöst - zum Beispiel wollen manche jetzt weniger Auto fahren. Das finde ich sehr sweet.»

Keinesfalls wolle er sich über das Thema Klimawandel an sich lustig machen, das ihm sehr am Herzen liege, betont Rihs. Über den manchmal unbedarften Umgang damit allerdings schon: «Der Mensch hat grundsätzlich Mühe, einem solch grossen Thema auf eine sinnvolle Weise zu begegnen, und stellt sich dann Fragen wie, ob man noch Fleisch essen oder mit dem Flugzeug fliegen darf. Das hat etwas Groteskes.»

Der Film könne man zwar durchaus als Klimawandel-Komödie bezeichnen, und dessen allfällige Gewinne sollen in Klimaprojekte fliessen. Greenpeace und Viva con Agua sind zudem Verleihpartner. Trotzdem solle er keinesfalls moralisch daherkommen: «Ich finde es wichtig, dass man bei dem Thema auch mal ungewöhnliche Wege gehen kann. Der Film ist anarchisch.»

Auch die ganze Wokeness-Debatte gehe ihm «ehrlich gesagt» auf die Nerven: «Wenn sich alle Leute selber so wahnsinnig ernst nehmen und sich gleich angegriffen fühlen, wenn man mal nicht den korrekten Begriff verwendet, ist das für mich ein bisschen weltfremd.» Auf der Welt zu sein hiesse für ihn auch, mit Angriffen, Verletzungen und Schmerzen leben zu müssen. Und: «Meiner Meinung nach hat jeder Mensch auf der Welt das Recht, dass über ihn gelacht werden darf.»*

*Dieser Text von Dominic Schmid, Keystone-SDA, wurde mithilfe der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung realisiert.

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