Es klingt unglaublich: Erich Leuzinger (77) musste in den letzten fünf Jahren über 11'000 Franken für Strom zahlen. 2015 und 2016 erhielt er jeweils Rechnungen von mehr als 2500 Franken. Zu viel für den alleinstehenden Rentner, der in Merishausen SH ein uraltes Einfamilienhaus gemietet hatte.
Absender der Horror-Rechnungen: das Elektrizitätswerk Schaffhausen (EKS). Es gibt an, dass Leuzinger jährlich bis zu 15'000 kWh Strom verbraucht habe – rund dreimal mehr, als ein Vier-Personen-Haushalt in einem Einfamilienhaus im gleichen Zeitraum verbrauchen würde.
Verbrauch stieg immer weiter
Leuzinger versuchte anfangs gutgläubig, seinen Stromverbrauch zu drosseln. So tauschte er Herd und Kühlschrank gegen neue Geräte aus und entsorgte den Tiefkühler. Nur half das nichts, im Gegenteil, der Verbrauch stieg weiter an!
Die Rechnungen wurden für Leuzinger zu einem Problem, denn er erhält von der AHV nur 2500 Franken pro Monat. Dennoch stotterte er die Schulden beim EKS monatlich mit knapp 400 Franken ab.
2015 schliesslich meldete sich Leuzinger beim EKS. «Ich wollte, dass sie mal meinen Stromzähler auf einen Defekt überprüfen – und ob allenfalls jemand Strom abzwackt», so der Rentner zu BLICK.
Fehlerhafte Aufzählung beim EKS
EKS-Sprecherin Juliane Huber hält Leuzingers Verbrauch für plausibel. «Nach einer Überprüfung wurde bei uns damals nämlich notiert, dass in diesem Haus eine Elektroheizung, zwei Boiler, eine Gewerbeküche und ein Motor in Betrieb stehen.»
Was sie nicht weiss: An dieser Aufzählung stimmte nichts. So wird das Haus gemäss Aussagen von Leuzingers Vermieter mit Holz geheizt, es gibt nur einen kleinen Boiler und beim Motor handelt es sich um eine längst eingemottete Melchmaschine, die in einem Schopf steht.
Als Leuzinger im Juli 2016 notgedrungen aus dem Einfamilienhaus auszieht, schickt ihm das EKS noch eine Schlussabrechnung. 2544 Franken soll er für die Monate Januar bis August 2016 zahlen – einen Verbrauch von knapp 13 000 kWh will das EKS nachgezählt haben! Da der Rentner das nicht zahlen kann, jagt ihm die EKS ein deutsches Inkassobüro auf den Hals.
Kapitaler Fehler beim Ablesen
Erst auf Nachfrage von BLICK in der vergangenen Woche gesteht das EKS einen Fehler ein. Ein Mitarbeiter hat beim Ablesen des Zählers für die Schlussrechnung geschlampt. «Eine Drei wurde mit einer Neun vertauscht», so Sprecherin Juliane Huber. Immerhin: Durch Leuzingers Akonto-Zahlungen und einen Rabatt als Entschuldigung ist die Abschlussrechnung nun plötzlich beglichen, das Inkassobüro wurde zurückgepfiffen.
Ein schwacher Trost. Denn trotz des Irrtums zweifelt das EKS nicht an den Stromrechnungen vergangener Jahre. Seit September 2016 lebt Leuzinger nun in Sulzbach ZH. Sein Stromverbrauch hier im vergangenen Jahr: 1183 kWh – zehn Mal niedriger als in Merishausen.