Der 29. Dezember 2005 wäre beinahe zum grossen Jubeltag der Grünenfelders geworden. Tobias (28) war in Bormio auf dem Weg zum ersten Weltcupsieg der Ski-Familie – stürzte aber beim Zielsprung.
Der Rest ist bekannt: Statt der Siegestrophäe blieb Tobi der starke dritte Platz. Und ein Innenbandriss am rechten Knie.
Der Sieg wäre das i-Tüpfchen auf einem sonst perfekten Tag gewesen. Schliesslich feierte Schwester Corina, die im Frühling 2004 vom Spitzensport zurückgetreten war, am 29. Dezember ihren 30. Geburtstag.
Die Grüenis – eine vom Ski-Virus angesteckte Elmer Familie. Jürg (31) ist Abfahrer, Tobias eigentlich Riesenslalom- und Super-G-Spezialist. Und ihr Schwager, Corinas Ehemann Michael Bont, der gestern 32 Jahre alt wurde, ist der Trainer des finnischen Ski-Asses Tanja Poutiainen.
Doch momentan läuft es bei keinem in der Familie richtig rund.
In Bormio steckte von Anfang an der Wurm drin
«Pech-Tobi» kann nach seinem Innenbandriss frühestens in vier Wochen wieder rennmässig mit Skifahren beginnen. Die Olympischen Spiele sind wegen seiner Knieverletzung in Gefahr. Auch wenn er sagt: «Ich gehe davon aus, in Turin dabei zu sein.»
Glück und Pech lägen im Sport halt einfach nahe zusammen. «Und damit müssen wir umgehen können, auch wenn es schwierig ist.»
Wie schwierig, weiss Tobis Bruder Jürg. Er verpasste 1998 in Nagano Olympia-Bronze in der Abfahrt um eine Hundertstelsekunde.
Danach folgten Jahre voller Verletzungen, Schmerzmittel, Comeback-Hoffnungen, Zweifeln und erneuten Rückschlägen. Zuletzt am 25. Februar 2005, als er sich beim Training auf der Lenzerheide einen Schien- und Wadenbeinbruch zugezogen hatte. Jürg nahm den Kampf erneut auf, kam zurück und fuhr in Val d’Isère auf den starken 12. Platz. Doch vergangene Woche in Bormio steckte von Anfang an der Wurm drin. Im Training schlechte Sicht – da kam er nie auf Touren. «Ich kann mich bei solchen Verhältnissen einfach nicht überwinden», erklärte er jeweils im Zielraum mit nachdenklicher Miene.
Und als am Renntag die Sonne schien, bekam er am Start die vielen Stürze mit. «Mit 20 hätte ich vielleicht noch alles riskiert, aber jetzt konnte ich mich nicht überwinden.»
2006 als Glücksjahr – auch dank Corinas Baby
Daheim in Elm zitterten ihre Eltern Albert und Katharina mit. «Es wird von Jahr zu Jahr schlimmer», sagt die Mama. Worauf Tobi mit Galgenhumor ergänzt: «Wir stürzen ja auch mehr.» Aber Jürg und Tobias sind sich der Gefahren ihres Sports bewusst. «Wir müssen nicht jammern. Das ist Skirennsport, und wir wissen, dass es riskant ist.»
Den Bormio-Sturz von Tobias sah Schwager Michael Bont in Lienz live auf der Grossleinwand, nachdem er mit Tanja Poutiainen den zweiten Slalom-Lauf besichtigt hatte. «Das war eine blöde Situation», sagt er. «Einerseits die Freude über die Leistung, andererseits die leide Sache mit dem Knie. Es war ein dummer Zufall.»
Auch bei Michi läuft in dieser Saison noch nicht alles nach Plan. Er wartet mit Poutiainen, der viermaligen Siegerin der letzten Saison, auf den ersten Podestplatz. «Wir sind aber nicht im Pech», will er klarstellen. «Wir suchen nur die richtige Form. Und das ist im Spitzensport ja eine interessante Herausforderung.»
Und egal, was auf den Pisten passiert – 2006 wird für die Grünenfelders sowieso ein freudiges Jahr. Bonts Frau Corina, die im Tourismusverein Lenzerheide arbeitet, erwartet Anfang Mai ihr erstes Kind.