An die 40.000 Polizisten werden alleine rund um die Stadien für die Sicherheit an der WM sorgen. Dazu kommen tausende, die Videoleinwände, öffentliche Plätze und Mannschaftsquartiere überwachen. Etwa 150 Beamte sind rund um die Uhr damit beschäftigt, alle Informationen über das Treiben der Hooligans auszuwerten. Deutschland ist vorbereitet. Und doch geht die Angst um. Die Angst vor Fans, die nur eines kennen: Hass. Kommen die gefürchteten Engländer? Die Holländer? Oder die Hools aus Polen, deren Gewaltbereitschaft keine Grenzen kennt? Seit den Ausschreitungen am letzten Wochenende in Basel haben die deutschen Behörden auch die Fans aus der Schweiz genau im Auge
Text: Stefan Krücken
Bilder: Andreas Meier / SPB (Titel); EQ Images (Teaser)
Basel, Warschau, Berlin:
Es ist Samstag, der 13. Mai. Es sind noch 27 Tage bis zum Eröffnungsspiel. Live und fassungslos verfolgt die Schweizer Öffentlichkeit im Fernsehen, wie Basler Hooligans nach der Niederlage ihrer Mannschaft den Platz stürmen und Spieler des FC Zürich angreifen. Einer Hundertschaft der Polizei gelingt es, die Randalierer mit Gummischrot zurückzudrängen. Tränengasschwaden treiben durch die Nacht, auf den Strassen liegen umgekippte Autos. Die Zuschauer fliehen in Panik. Bilanz: mehr als 130 Verletzte, 25 Festnahmen. Der Sachschaden beträgt mehrere hunderttausend Franken. «Die Schande von Basel», titelt der SonntagsBlick.
Warschau, Innenstadt: Nach dem Spiel Legia Warschau gegen Wisla Krakau attackieren in der Altstadt mehrere hundert Hooligans die Polizei. Die Beamten verteidigen sich mit Wasserwerfern, Tränengas und Schlagstöcken. Bilanz der Nacht: Mehr als 200 Festnahmen, es gibt dutzende Verletzte, darunter allein 30 Polizisten. Berlin, Sportforum Höhenschönhausen: Das Viertligaspiel zwischen BFC Dynamo und Union Berlin wird abgebrochen, als Hooligans des BFC das Spielfeld stürmen. Mehr als 1000 Polizisten und 200 Ordner können die anschliessenden Massenschlägereien nicht verhindern. Beamte werden mit Steinwürfen und Flaschen angegriffen. Bilanz: 33 Festnahmen, fünf Verletzte. Der Berliner Tagesspiegel zitiert einen hochrangigen Polizisten: «Besonders die jungen Hools wollten sich profilieren.» Er meint: profilieren rechtzeitig vor der Fussball-Weltmeisterschaft.
Zürich: Der Hooligan
Seinen Zahnschutz hat Andi immer dabei, wenn er zu Spielen des FC Zürich geht. Andi heisst nicht Andi, aber seinen echten Namen soll niemand erfahren. Er ist 25, arbeitet im Büro einer Versicherung, trägt das Haar sehr kurz und bügelt sein Hemd ordentlich. In seiner Freizeit, wenn er nicht gerade jemandem eine Faust ins Gesicht rammen will, liest er gern Romane. Seine Familie, die Arbeitskollegen, seine Freunde – niemand weiss etwas von seinem Doppelleben.
«Ich bin Hooligan», sagt Andi, «warum soll ich das an die grosse Glocke hängen?» Andi gehört zu den City Boys Zürich, einer jener Gruppen, wegen denen die Polizei mit einer kleinen Armee aufmarschiert, wegen der die Schweiz jetzt ein Hooligan-Gesetz diskutiert, und wegen der die Sicherheitsbehörden der Fussball-Weltmeisterschaft in Deutschland in höchster Alarmbereitschaft sind.
Sobald die WM-Spiele beginnen, möchte auch Andi dabei sein. Getreu dem offiziellen Motto «Die Welt zu Gast bei Freunden» plant er, Hooligan-Kollegen im Nachbarland zu besuchen. Die City Boys pflegen Kontakte zu deutschen Gruppen, mit denen sie gerne gemeinsam zuschlagen. Bei welchen Klubs? Bei welchen Spielen? Diese Fragen beantwortet Andi nicht.
Aber in der Szene erzählt man sich, dass Zürcher Hooligans gemeinsame Sache mit den berüchtigten Anhängern des BFC Dynamo Berlin machen, und dass die Bande Basel, die grösste Schweizer Gruppe, enge Beziehungen zu Dynamo Dresden hat. Erst vor kurzem verabredeten sich Hooligans beider Zürcher Vereine in der Nähe von Frankfurt, um sich mit deutschen Gegnern zu schlagen.
Andi trinkt einen Schluck Wasser. Misstrauisch mustert er die Gäste im Strassencafé unweit des Zürcher Hauptbahnhofs. «Besser, man sieht uns nicht zusammen», sagt er, «alle sind extrem nervös.» Nervös sind seine Mitstreiter der «Kategorie C», wie die Gewaltsucher im Fachjargon der Polizei heissen («Kategorie B» meint gewaltbereite Fans, «Kategorie A» friedliche Zuschauer). Nervös sind auch die Cops (so heissen die Polizisten im Vokabular der Hooligans). Nervös wegen der WM, wegen der Europameisterschaft 2008, wegen der allgemeinen Aufregung. «In der Szene halten sich momentan alle bedeckt», weiss Andi, «niemand will ein Stadionverbot riskieren.»
Von der Droge Gewalt will er deshalb aber nicht lassen. Das kann er gar nicht: «Ich brauche den Kick», sagt er. Das Adrenalin, den rauschähnlichen Zustand in den Momenten kurz vor der Schlägerei, wenn er den Zahnschutz in den Mund schiebt, auf die gegnerische Gruppe zuläuft und weiss, dass es jetzt kein Zurück mehr gibt. Dieses Hochgefühl, wie beim Bungee-Sprung, erklärt Andi, «nur viel besser und irgendwie grösser».
Denkt er darüber nach, dass er seinen Gegner womöglich schwer verletzt? Oder sogar tötet? Dass er Unbeteiligte gefährdet, die nur ein Fussballspiel sehen wollen? Andi zögert. «In melancholischen Momenten.» Und wie oft erlebt er solche melancholische Momente? «Immer mal wieder.»
Eigentlich ist Andi weder besonders gross, noch ist er besonders muskulös gebaut. Er wirkt eher wie ein zurückhaltender Typ. Er ist politisch konservativ eingestellt, «natürlich nicht» vorbestraft, wie er behauptet, und hat selbst bislang wenig abbekommen: da ein blaues Auge, dort eine aufgeplatzte Lippe. Einmal verletzte er sich an der Schulter. Im Büro und zu Hause erklärte er das mit einem «Sportunfall».
Was nicht einmal gelogen war, denn Andi, der schon als kleiner Junge die Spiele im Letzigrund besuchte und durch Reisen an Auswärtsspiele mit der Szene in Kontakt kam, empfindet sein Hobby als eine Art Wettkampf. Er redet von einem «Ehrenkodex», den es unter älteren Hooligans gebe: keine Waffen, keine Tritte gegen Verletzte, die am Boden liegen. Andere behaupten, dieser «Ehrenkodex» sei längst aufgekündigt; er existiere nur noch als schal gewordene Rechtfertigung.
Seit sechs Jahren prügelt Andi mit den City Boys. Er schwärmt von den Ausschreitungen im Osten Deutschlands und von seinen deutschen Freunden, mit denen er während der WM auf eine Gelegenheit warten wird. Auf die Gelegenheit zu richtigen Strassenkämpfen. Auf die nächste Überdosis Adrenalin.
Düsseldorf: Der Schlägerjäger
«Das Problem», sagt Polizeidirektor Michael Endler, 52, seufzt und greift zum Tabak, «sind die wilden Spekulationen.» Kommen die gefürchteten Engländer? Oder die Holländer? Und vor allem: Kommen die furchtbaren Polen, von denen alle Zeitungen schreiben? Gab es dort nicht sogar Tote durch Hooligans? Und was ist mit den Kroaten? Den Serben? Oder den Schweizern?
Endler sieht aus dem Fenster auf ein Industriegebiet am Stadtrand von Düsseldorf. Sein Büro befindet sich in einem Zweckbau des Landeskriminalamts, am Ende eines sehr langen und sehr dunklen Flurs. Darin stehen ein Schreibtisch, eine Topfpflanze und ein paar Stühle. An der Wand hängt die Zeichnung eines Stadions, vor dem sich Fans prügeln, darüber steht: «Don’t worry, be happy.» Auf Endlers Tasse, in der schwarzer Kaffee dampft, prangen die Buchstaben «FBI».
Der Polizeidirektor trägt einen grauen Bart und hat tiefe Schatten unter den Augen. Er sieht müde aus. Als habe er, Chef der Zentrale Informationsstelle für Sporteinsätze (ZIS), jeden einzelnen der knapp 10.000 in Deutschland bekannten Hooligans persönlich in die Kartei eingetragen. Endler hat die Abteilung der Hooligan-Fahnder, die das Problem in den oberen Ligen Deutschlands in den Griff bekam, seit Anfang der 90er-Jahre aufgebaut. In diesem Sommer ist er der wichtigste Schlägerjäger der Welt.
Während der Spiele wird die ZIS auf der anderen Rheinseite, in Neuss, eine Kommandozentrale einrichten: Dann sind etwa 150 Beamte rund um die Uhr damit beschäftigt, alle Informationen über das Treiben der Hools auszuwerten; hinzu kommen 170 Ermittler aus allen Ländern der WM-Teilnehmer, für die Endlers Abteilung Natels, Autos und Hotelzimmer organisiert hat. «Wir haben uns seit Jahren und sehr präzise vorbereitet», sagt er und klingt ziemlich grimmig. Mehr als 40.000 Polizisten, so die Schätzung, werden alleine rund um die Stadien für Sicherheit sorgen. Hinzu kommen tausende, die Videoleinwände, öffentliche Plätze oder Mannschaftsquartiere bewachen. Ziemlich jeder Polizeibeamte Deutschlands wird während der vier Wochen im Einsatz sein. Es gilt eine Urlaubssperre.
Endler möchte nicht über Gerüchte, sondern lieber über Fakten sprechen: Fakt ist, dass Englands Polizei knapp 3.500 Hooligans zur Zeit der WM die Ausreise verbietet; dass die niederländischen Hooligans seit 1988 nicht gemeinsam auftraten, weil die grossen Klubs Feyenoord und Ajax verfeindet sind; dass es bei der letzten Europameisterschaft in Portugal zu keiner einzigen Auseinandersetzung kam. «Wir sollten wachsam sein», sagt Endler, der seine Zigarette fertiggedreht hat, «aber wir sollten Panikmache vermeiden.»
Fakt ist andererseits auch, dass es in den unteren Ligen Deutschlands fast wöchentlich zu Ausschreitungen kommt: in Stendal, Aue, in Hamburg oder Dresden. Fakt ist, dass von Italien über Kroatien und Serbien bis in die Ukraine Hooligans via Internet mit angeblichen Auftritten prahlen; dass sogar in Portugal, dessen Szene bislang ungefähr als so gefährlich eingestuft wurde wie die Spielgruppe eines Kindergartens, mehrere Zeitungen über Drohungen einer Skinhead-Gruppe geschrieben haben. Angeblich wollen sie in Köln beim Spiel gegen Angola Jagd auf Farbige machen.
Vor allem vermag niemand einzuschätzen, wie viele Hooligans sich unter die zehntausende Polen mischen werden, die während der WM über die Grenze strömen sollen. Die dortige Szene, eng mit dem kriminellen Milieu vernetzt, gilt als extrem brutal und setzt mit Nägeln bespickte Keulen und Kampfhunde ein; im Internet kursieren Fotos, die an Schlachtszenen aus Filmen aus dem Mittelalter erinnern.
Aus Polizeikreisen ist zu erfahren, dass über gewisse Spiele mehr als 1.500 Polizisten wachen sollen. Vier Spiele der Vorrunde gelten als besonders risikoreich. Welche, will Endler nicht verraten, weil jeder Kommentar den Prügel-Tourismus fördert. Dass Deutschland gegen Polen zu den brisanten Partien gehört, ist aber kein Geheimnis.
Herr Endler, was planen Sie am Tag nach dem Finale? «Ausschlafen», sagt der Polizeidirektor, grinst und drückt die Zigarette aus. «Und dann setz ich mich in die Sonne und gönn mir eine feine Zigarre.» Eine Casa de Torres hat er schon gekauft.
Hannover: Der Hooligan-Professor
Eben hat ein Radiosender aus Montreal (CDN) angerufen. Der Moderator wollte vom Hooligan-Professor wissen, wie sicher die WM für kanadische Touristen sei. «Die Wachsysteme rund um die Stadien sind ausgeklügelt», beruhigte ihn Gunther A. Pilz, der wie kein anderer das Phänomen der Hooligans wissenschaftlich untersucht hat und Fifa wie Uefa als Experte berät. «Rund um die Stadien wird kaum etwas passieren.»
Dann suchte er nach der englischen Vokabel für «Drittort-Auseinandersetzung»: damit sind per Anruf oder SMS verabredete Prügeleien in abgelegenen Industriegebieten oder auf Äckern gemeint. Erst im November hatten sich 50 Hooligans der deutschen Nordost-Fraktion mit 50 Gegnern von Lech Posen in einem Wald bei Frankfurt/Oder verabredet. Die Polen kamen im Reisebus wie zu einer Kaffeefahrt; Spezialeinheiten der Polizei, die Telefonate abgehört hatten, waren aber rechtzeitig vor Ort.
Professor Pilz von der Universität Hannover ist ein grossgewachsener Mann mit weissem Bart, der in jedem Heidi-Film als Idealbesetzung den Alpöhi spielen könnte. Er beobachtet, dass die Gewaltbereitschaft besonders im Osten Deutschlands zunimmt, wegen des Mangels an Arbeit, an Perspektive und der schwindenden Hoffnung, dass sich dies jemals ändern könnte. «Einige Hools im Osten haben das Gefühl, sowieso nichts mehr zu verlieren zu haben», sagt Pilz düster.
Hinzu kommt eine neue Tendenz, die für Deutschland wie auch die Schweiz («eine der regsten Hooligan-Szenen in Europa») gilt: die Radikalisierung der «Ultras». «Ultras» galten bislang als singende Fahnenschwenker, die ab und zu eine Fackel abbrennen, aber nicht zu Prügeleien neigen. «Sie werden immer gewalttätig», mahnt Pilz, «das sind regelrechte Hooltras.»
Eigentlich sei Hooliganismus im Westen dank des nationalen Sicherheitskonzepts ein «auslaufendes Phänomen», sagt Pilz. Das Sicherheitskonzept diente als Orientierung für das geplante Schweizer Hooligan-Gesetz: Es ermöglicht eine landesweite elektronische Datenbank, die gewalttätige Fans registriert; zudem soll die Schweizer Polizei der Gewalt mit Rayonverboten, Meldeauflagen und vorsorglichem Gewahrsam begegnen können.
Schweizer Fanverbände hingegen beklagen schon jetzt eine – aus ihrer Sicht – «totale Überwachung» und «Kriminalisierung.» So versuchen Anhänger des FC Basel derzeit 50.000 Unterschriften für ein Referendum zusammenzubekommen. Der Hooligan-Professor hingegen meint, dass sich das Konzept in Deutschland ohne Einschränkung bewährt hat: «Die Erfahrung hat gezeigt, dass es nur wirkliche Gewalttäter trifft.»
Zürich: Der Hooligan-Cop
Wenn Erich Minuz, 36, von seiner Arbeit redet, fällt häufig der Begriff «Front». An Spieltagen ist der Detektiv-Wachtmeister der Schweizer Zentralstelle gegen Hooliganismus auf der Strasse im Einsatz. Wer ihm zuhört, begreift schnell, warum dort eine «Front» verläuft. Manche Berichte klingen, als stammten sie aus einem Fussballkrieg.
Zum Beispiel beim Länderspiel England gegen Liechtenstein, das englische Hooligans in den Strassen der Zürcher Altstadt austrugen. Rädelsführer gaben den Befehl, in Gruppen Jagd auf Zivilpolizisten zu machen. Minuz und ein Kollege wurden von etwa 50 Schlägern umringt. In Notwehr zogen sie ihre Dienstwaffen. Und es ist erst wenige Wochen her, dass «Ultras» beim Cupspiel FC Zürich gegen Young Boys gezielt Polizisten angriffen. Was folgte, war einmal mehr eine Strassenschlacht. Der Polizist von der Hooligan-Einheit könnte stundenlang solche Erlebnisse erzählen.
«Das Stadion ist zu einem grossen Spielplatz für alle möglichen Gewalttäter geworden», sagt er und versucht, nicht bitter zu klingen. Gerade unter Jugendlichen nehme der Respekt vor der Polizei «dramatisch» ab. Die «Ultras» seien in ihrem Verhalten kaum mehr von klassischen Hooligans zu unterscheiden. Sogar Feuerwehrleute und Sanitäter wurden schon attackiert. Bei mehr als jedem zehnten Fussballspiel in der Schweiz kommt es laut Einsatzstatistik zu Krawallen.
Erich Minuz ist ein humorvoller Mann mit breitem Lachen und breitem Kreuz. Er ist keiner, der gerne schwarzmalt oder lamentiert, das passt nicht zu ihm. Wenn er aber fordert: «Wir brauchen das neue Hooligan-Gesetz», hat das einen beinahe flehenden Unterton.
Wer mit den sechs Beamten der Anti-Hooligan-Einheit spricht, ahnt, wie frustrierend es für sie sein muss, in manchen Situationen zuerst auf eine Straftat warten zu müssen, bevor sie rechtlich eingreifen dürfen. Dass sie etwa zusehen, wie eine Gruppe Hools den Zahnschutz einsetzt, und genau wissen, dass gleich eine Prügelei beginnt, ohne etwas dagegen unternehmen zu können. Dass Begegnungen zwischen Basel und Zürich beinahe sicher zu Ausschreitungen führen, weil sie die Anführer der Banden nicht präventiv in Gewahrsam nehmen können. Etwa 300 Hooligans sind in der Schweiz aktiv, schätzen die Behörden; hinzu kommen an die 1.500 potenzielle Gewalttäter der «Kategorie B». Tendenz: zunehmend.
Minuz wird als Fan-Beobachter an die Fussball-Weltmeisterschaft reisen, wie schon zur EM in Portugal. Damals hatten sich kroatische Hooligans bei ihm erkundigt, wo sie die Bande Basel fänden. Minuz glaubt, zwar einige bekannte Gesichter an der WM zu entdecken, aber nur Einzelkämpfer. «Einen gemeinsamen Mob der Schweizer Szene wird es nicht geben», meint er. Dazu seien die Gruppen zu verfeindet. Ein Zürcher Hooligan meinte vor kurzem: «Wir mit den Baslern? Eher friert die Hölle ein.»
Magdeburg: Der alltägliche Wahnsinn
Es läuft die zweite Halbzeit, als auf der Tribüne des Heinrich-Germer-Stadions ein Konzentrationslager besungen wird. «Eine U-Bahn bauen wir, von Leipzig bis nach Auschwitz», grölen Fans des 1. FC Magdeburg. Das scheint, besonders im Osten der Republik, so etwas wie der Sommerhit in Stadien der unteren Ligen zu sein.
Ein Sonntag im Mai, Spitzenspiel der Oberliga, Staffel Süd: Magdeburg gegen Sachsen Leipzig. Erster gegen Vierter. Vor knapp 5.000 Zuschauern und 500 Bundesgrenzschutzbeamten in Kampfmontur geht es um den Aufstieg. Magdeburg gegen Leipzig gilt als Risikospiel; davon gibt es beinahe jedes Wochenende eines. In der vierten Liga kommt das deutsche Hooligan-Gesetz bislang nicht zur Anwendung.
72 Minuten sind gespielt, als es im Gästeblock Tumulte gibt. Einigen Hooligans ist es gelungen, ein Tor aufzubrechen. Ordner des Sicherheitsdienstes halten sie auf, dann eilen Polizisten herbei. Schlagstockeinsatz. Ein kurzer, heftiger Kampf, und der Käfig ist wieder geschlossen. Zwei Männer werden abgeführt. Nach zehn Minuten geht die Partie weiter. Ein Sprecher der Polizeidirektion Magdeburg erklärt, dass es ein «relativ ruhiges Spiel» gewesen sei. Zwei Gewahrsamnahmen weist der offizielle Einsatzbericht aus, das ist alles.
Was ist mit den Schlägen der Leipziger Hooligans gegen die Polizisten? «Die Staatsanwaltschaft wertet Videoaufnahmen aus», berichtet der Sprecher. Insgesamt, so meint er, sei es ein ziemlich alltäglicher Sonntag gewesen.
Am 11. Juni, zwei Tage nach dem Eröffnungsspiel, kommt die Weltmeisterschaft zu Besuch nach Leipzig. Das Spiel heisst Serbien-Montenegro gegen Holland.