Er sieht aus wie ein Model. Doch Kaspar Junker (29) geht nicht über den Laufsteg. Er steht auf der Kanzel! In der Kirche von Bethlehem, dem Stadtberner Quartier mit dem biblischen Namen und dem höchsten Ausländeranteil. Gemäss Bibel haben drei Weise oder drei Könige das neugeborene Christkind in Bethlehem mit Weihrauch, Myrrhe und Gold beschenkt. Im Volksmund heissen sie Balthasar, Melchior und ... Kaspar!
Predigt im Talar
Da passt der Vorname des jungen Pfarrers, der seine Berufswahl dem Einfluss seines einstigen Konfirmationspfarrers verdankt. «Die Art und Weise, wie er den kirchlichen Unterricht gestaltete, war beeindruckend», lobt Junker seinen heutigen Berufskollegen. Junker fühlt sich wohl in seinem urbanen und internationalen Kirchenkreis, dessen Vielfalt er und seine zwei Mitpfarrer in die Kirchenarbeit integriert. So gehört die Kirche Bethlehem jeden Samstagnachmittag der eritreischen Kirchgemeinde. «Dieser Gottesdienst mit Musik und starken Bass-Rhythmen ist ein spezielles Erlebnis», so Pfarrer Junker, der seine Gottesdienste eher auf traditionelle Art und Weise gestaltet: bekleidet im Talar und mit einer Predigt von der Kanzel.
Heute ist Geburtstermin seines Kindes
Weniger traditionell sieht Junker seine Rolle, wenn es um das Kirchenasyl geht: «Kirchenasyl heisst nicht, den Staat zu untergraben, sondern als Christ zu handeln und in Ausnahmefällen die Kirche als Schutzraum zur Verfügung zu stellen.» Der Pfarrer findet, das Gesetz sei «manchmal zu kalt für Einzelfälle». Eine Art Kirchenasyl ist auch das Café Mondial. Die kleine Beiz neben der Kirche ist ein Quartiertreffpunkt von Menschen aus der ganzen Welt – gleich, welcher Religion sie angehören. «Es ist einer meiner vielen Lieblingsorte», freut sich der junge Pfarrer. Doch am heutigen Dreikönigstag ist Kaspar Junker nicht in erster Linie Pfarrer, sondern Vater. Heute ist der Geburtstermin seines zweiten Kindes.