BLICK vor Ort am berüchtigten Lawinen-Hang
Auf der Monster-Lawine von Schmirn

An einem berüchtigten Hang und fernab der Zivilsation. Hier wälzte sich ein 500 Meter breites Ungetüm aus Schnee den Jochgrubenkopf hinab. Bei der Begehung von BLICK wird klar: Die Opfer hatten keine Chance.
Publiziert: 17.03.2017 um 10:09 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:42 Uhr
«Der Schnee ist hart wie Beton!»
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BLICK-Reporter am Unglückort:«Der Schnee ist hart wie Beton!»
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Ein Handschuh als Mahnmal: Einer der Retter im Zwölf-Meter-Loch von Schmirn mit dem Handschuh eines Opfers.
Foto: ZEITUNGSFOTO.AT
Marco Latzer

Sie sind stille Zeugen des Dramas. Nur wenige Meter trennen die vier wuchtigen Löcher im Schnee voneinander. Bis zu zwölf Meter tiefe Tunnel führen ins Dunkle hinab. In einem liegt als Markierung der Handschuh eines Opfers, in einem anderen findet sich ein Skistock. Sie sollen dort liegen bleiben, so wollen es die Bergretter. Als mahnende Erinnerung an die Tragödie von Schmirn.

Vier Aargauer bezahlten hier eine Skitour mit ihrem Leben. Eingeklemmt unter den Ausläufern eines 500 Meter breiten Schneefelds. Die weissen Massen über ihnen wiegen schwer wie Beton.

Auch am Tag nach dem Drama steht manchem Helfer der Schock noch ins Gesicht geschrieben. «So eine Verschüttungstiefe und so einen Stauraum habe ich noch nie gesehen», sagt Helmut Metzler (46) konsterniert. Der Österreicher weiss, wovon er spricht. Mit seinem Polizeihubschrauber «Libelle» fliegt er Winter für Winter unzählige Einsätze in den Tiroler Alpen.

Anwohner alarmieren die Rettungskräfte

Dabei sah es anfangs noch gut aus. Die Zeit, der wichtigste Faktor einer Lawinenbergung, sprach für Metzler und seine Dutzenden Kollegen von der Bergrettung. Unten im Tal haben Einheimische im Weiler Ladins mittags den Abgang beobachtet. «Ich sah eine riesige Staubwolke den Berg hinunterkommen. Dann habe ich sofort Hilfe angefordert», sagt Anwohner Hermann Zingerle (76). Kurz darauf treffen die ersten Einsatzkräfte ein.

Erst zwei Stunden zuvor hatte Zingerle die achtköpfige Gruppe aufsteigen sehen. Der Augenzeuge schüttelt nachdenklich den Kopf: «Hätten sie mich gefragt, ich hätte ihnen davon abgeraten. Der Hang ist in diesem Winter einfach zu gefährlich!»

Der traurige Job am Berg

Das Drama nimmt seinen Lauf, als die Helfer eintreffen. Die Opfer sind dank Suchgeräten zwar schnell geortet, aber die Verschüttungstiefe bereitet Kopfzerbrechen. «Ich dachte zuerst, unsere Geräte seien defekt – das kann doch nicht sein, dass die so weit unten liegen», sagt ein Bergretter zu BLICK. Er und seine Kollegen folgen dem Piepsen des Detektors und schaufeln sich in grösster Eile in den Schnee. 

Dabei setzen sie Prioritäten: Es wird zuerst beim am wenigsten tief verschütteten Opfer gegraben, weil dieses die besten Überlebenschancen hat. Aber: Auch hier beträgt die Tiefe über fünf Meter! «Dann haben wir ihn gefunden. Da war nichts mehr zu machen. Wir wussten, dass uns vermutlich noch drei Mal das Gleiche blühen wird», so der Helfer. Stunden später, um 17.30 Uhr, wird die schlimme Vermutung zur traurigen Tatsache: Für alle vier Aargauer kommt die Hilfe zu spät.

Weshalb kam es zur Katastrophe?

Die Ermittlungen zur Unglücksursache laufen auf Hochtouren. Spezialisten nehmen den Hang unter die Lupe. «Dafür werden auch die Überlebenden befragt», sagt Thomas Zingerle, Mitglied der Alpinen Einsatzgruppe bei der Tiroler Polizei. 

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