Die australische Praxis der sogennannten Internierung von Flüchtlingen auf Inseln steht seit Langem in der Kritik. Im Herbst 2018 gab die Regierung schliesslich bekannt, das berüchtigte Flüchtlingslager auf der Weihnachtsinsel im Indischen Ozean zu schliessen (Blick berichtete). Denn das Haftzentrum war seit seiner Öffnung 2008 Schauplatz von Aufständen, Todesfällen, mutmasslichen Vergewaltigungen und Selbstverletzungen.
Doch jetzt die 180-Grad-Kehrtwende! Premierminister Scott Morrison kündigte am Mittwoch die Widereröffnung des Lagers auf der Weihnachtsinsel an. Damit solle auf einen zu erwartenden Anstieg der Flüchtlingszahlen reagiert werden, sagte der konservative Premier.
Unter Druck nach Abstimmungsniederlage
Morrison hatte am Dienstag im Parlament eine herbe Abstimmungsniederlage erlitten. Die Abgeordneten stimmten mit knapper Mehrheit für einen Gesetzentwurf aus der Opposition zur medizinischen Versorgung von Flüchtlingen, den seine konservative Minderheitsregierung abgelehnt hatte. Das Gesetz gibt Asylsuchenden, die in Flüchtlingslagern auf abgelegenen Inseln festgehalten werden, das Recht, für eine Behandlung nach Australien gebracht zu werden.
Morrison sagte am Mittwoch, dies gebe Menschen neue Anreize, die Überfahrt nach Australien zu wagen – weswegen er das Lager auf der Weihnachtsinsel wiedereröffnen wolle. Der Opposition warf der Premier vor, die Grenzen des Landes zu schwächen.
Australien steht wegen seiner harschen Politik zur Abschreckung von Flüchtlingen seit Jahren in der Kritik. Das Land bringt alle Flüchtlinge, die per Boot nach Australien kommen wollen und dabei aufgegriffen werden, in Lager auf der Pazifikinseln Nauru und auf Papua-Neuguinea.
In Australien finden im Mai die Parlamentswahlen statt. Die Flüchtlingspolitik ist ein wichtiges Wahlkampfthema. (SDA/nim)