Er ist der Falke unter den Falken: Donald Trumps Sicherheitsberater John Bolton (70) wird gerne als «aggressiv, «radikal» oder gleich als «Kriegstreiber» betitelt. Er ist gegen die Vereinten Nationen, war einer der lautesten Trommler für den Irak-Krieg 2003 und flirtet heute offen mit einem Präventivschlag gegen den Iran. Unter Donald Trump (72) hat der Falke nun massiv Wind unter die Flügel bekommen. Als nationaler Sicherheitsberater flüstert er seine Ideen direkt dem Präsidenten ein. Und nutzt den Trump-Zugang, um einen lange gehegten Plan umzusetzen: Abrüstungsverträge aufheben!
Am letzten Freitag rüttelte Boltons jüngster Streich die Welt auf: US-Aussenminister Mike Pompeo (55) gab bekannt, die USA würden sich nicht mehr an den Sperrvertrag für atomare Mittelstreckenraketen (INF) halten. Einen Vertrag, der 1987 die Entspannungspolitik zwischen den USA und der Sowjetunion eingeleitet hatte: Die Vereinbarung verpflichtete die beiden Staaten, auf Mittelstrecken-Atomraketen zu verzichten.
Nun will auch Putin aufrüsten
Es gibt tatsächlich Hinweise, dass der russische Präsident Wladimir Putin (66) sich sich schon länger nicht mehr an den Deal hielt. Dank der Kündigung der anderen Seite darf er nun wieder ganz offiziell aufrüsten – und hat das bereits angekündigt: «Wir werden mit den Amerikanern gleichziehen. Auch wir fühlen uns nicht länger an den Vertrag gebunden.»
In der «Washington Post» hat der Atomwaffenexperte Joseph Cirincione (69) die Strategie des Trump-Beraters Bolton analysiert. Fazit: «Warum ist er gegen diese nuklearen Sicherheitsabkommen, welche Republikaner und Demokraten, Konservative und Liberale befürwortet haben? Weil er denkt, dass sie Amerika schwach machen.» Cirincione ist überzeugt, dass Bolton sich über die Unzuverlässigkeit der Russen ziemlich gefreut haben dürfte. Schon 2014 schrieb der Abrüstungs-Muffel nämlich: «Verstösse geben den USA die Möglichkeit, diese überflüssigen Beschränkungen aus dem Kalten Krieg abzuschaffen und unser Arsenal den globalen Herausforderungen anzupassen.» Der Sicherheitsberater wolle sich stets alle Optionen offenhalten – besonders alle militärischen. Eine militärische Abwandlung des Leitspruchs «America first» quasi.
Bald wieder Atomwaffen ohne Limit?
In den USA überrascht das niemanden. Boltons Karriere in der US-Regierung begann schon während der Präsidentschaft Ronald Reagans 1981. Nach der Wahl von George W. Bush wurde der Falke Unterstaatssekretär für Rüstungskontrolle. Dort sägte er am amerikanisch-russischen Vertrag zum Verbot der Raketenabwehr (ABM). Der Vertrag stand aus seiner Sicht einem amerikanischen Raketenabwehrschild im Weg. Unter Trump half er mit, das Atomabkommen mit dem Iran zu kippen. Und auch Bill Clintons Nordkorea-Deal wurde von Bolton über den Haufen geworfen.
Atomwaffenexperte Cirincione geht davon aus, dass Bolton schon das nächste Abkommen im Visier hat: 2021 läuft der Vertrag zur Verringerung strategischer Waffen (START) aus, bei dem es um die Reduktion von atomaren Langstreckenraketen geht. Hätte «Rüstungskontroll-Serienkiller» Bolton damit Erfolg, so Cirincione düster, wäre es «das erste Mal seit 1972, dass es für die nukleare Aufrüstung von USA und Russland keine Schranken mehr gäbe».