Erst noch regierte Österreichs Kanzler Sebastian Kurz (33) mit der rechten FPÖ, nun muss er sich in der Regierung mit den Grünen arrangieren. Am Donnerstag präsentierte der ÖVP-Chef die neue Regierung und deren Programm, das er mit dem Grünen-Chef und neuen Vizekanzler Werner Kogler (58) ausgeknobelt hat.
Für Österreich wird sich gar nicht so viel ändern. Mit elf der 15 Minister dominiert die ÖVP die Regierung ganz klar. Die Konservativen sichern sich die wichtigen Ressorts für Inneres, Finanzen, Verteidigung und Aussenpolitik. Die Grünen übernehmen gemäss Stimmenanteil der letzten Wahlen nur vier Ministerien, darunter ein «Superministerium» für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.
Schwammiger Klimaschutz
Kurz sagte gestern bei der Präsentation des Programms, es sei gelungen, «das Beste aus beiden Welten zu vereinen» und die Hauptforderungen der Koalitionspartner zu vereinbaren: das Klima und die Grenzen zu schützen.
Nur: Die Grünen konnten sich nicht wirklich durchsetzen, der Klimaschutz wird im Programm mehr schwammig als konkret thematisiert. Dafür sind FPÖ-Themen nach wie vor präsent.
Hier einige Punkte aus dem Programm:
- Kopftuchverbot:
Im Kampf gegen den politischen Islam dürfen an den Schulen Mädchen unter 14 Jahren – bis zur Religionsmündigkeit – kein Kopftuch mehr tragen. Bisher war die Limite bei zehn Jahren angesetzt. Die Grünen hatten sich gegen die Ausweitung des Verbots gewehrt. Kurz sagt, es gehe darum, allen Kindern die gleichen Chancen einzuräumen. «Dazu gehört auch, dass es zu keiner Diskriminierung in jungen Jahren kommt.»
- Rückkehrhilfe:
Kurz kann seine konsequente Linie gegen die illegale Zuwanderung durchziehen. Es sollen Rückkehrzentren eingerichtet und eine Betreuungsagentur geschaffen werden, welche die Rückkehr von Migranten unterstützt. Mit der Einführung einer Sicherungshaft – eine Forderung der FPÖ – soll der «Schutz der Allgemeinheit» erhöht werden.
- Klimaschutz:
Eine CO2-Steuer kommt noch nicht, aber es soll eine ökologische Steuerreform erarbeitet werden, die eine Flugticket-Abgabe und eine Anpassung der Lastwagen-Maut vorsieht. Auch ein landesweites Generalabonnement für den öffentlichen Verkehr steht zur Diskussion. Tempo 140, wie es die FPÖ in der früheren Regierung gefordert hatte, ist vom Tisch.
- Steuerreform:
Die noch von ÖVP und FPÖ angekündigte Steuerreform mit Senkung der Lohn- und der Einkommenssteuer wird durchgezogen. Der Familienbonus wird erhöht.
- Transparenz:
Nicht der gläserne Bürger, sondern der gläserne Staat ist eine Forderung der Grünen. Das Amtsgeheimnis soll abgeschafft und ein Informationsfreiheitsgesetz mit einem eigenen Beauftragten eingeführt werden.
Triumph bei Neuwahlen
Österreich musste eine neue Regierung bilden, nachdem die Koalition von ÖVP und FPÖ wegen des Ibiza-Skandalvideos zerbrochen und Kurz im Mai vom Parlament zum Rücktritt gezwungen worden war. Nach den Neuwahlen am 29. September und der Einsetzung einer Übergangsregierung kehrte Kurz mit grossem Triumph wieder auf den Kanzlerthron zurück. Die Vereidigung der neuen Regierung ist für nächsten Dienstag vorgesehen.