Seit August 2002 ist Mohamedou Ould Slahi (44) der Gefangene Nummer 760 im US-Gefangenenlager Guantánamo. Er wurde verdächtigt, in die Planung der Terror-Anschläge vom 11. September 2001 verwickelt zu sein. Bereits 2010 beurteilte ein Richter die Vorwürfe und kam zum Schluss, dass es keine Beweise gegen Slahi gebe.
Eine offizielle Anklage hat es nie gegeben und gibt es auch heute nicht. Trotzdem sitzt der Mauretanier im für Foltermethoden und Verstösse gegen die Menschenrechte berüchtigten Camp auf Kuba fest. Seine Horror-Erlebnisse hat der Häftling in einer Art Tagebuch aufgeschrieben – 466 handgeschriebene Seiten voller Angst, Verzweiflung und Abscheu.
«Toller amerikanischer Sex»
Slahi durfte nicht schlafen, wurde während 20 Stunden ununterbrochen verhört, ins Gesicht geschlagen, mit Schäferhunden bedroht. «Zeigt ihm keine Gnade. Erhöht den Druck. Treibt ihn zum Wahnsinn», soll ein Aufseher gesagt haben.
Doch nicht nur Wärter sollen Slahi missbraucht haben, sondern auch Wärterinnen. «Okay, dann geben wir dir heute eine Lektion in tollem amerikanischem Sex», so die Worte einer von zwei Aufseherinnen.
«In absolut entwürdigender Weise» sei er gezwungen worden, bei einem Dreier mitzumachen. «Sie gaben obszönes Zeug von sich und machten an meinem Intimbereich rum. Alles passierte so, dass ich meine Uniform anbehielt«, heisst es in «Guantánamo Diary», das seit heute in 16 Sprachen – auch auf Deutsch – erhältlich ist.
Während des Übergriffs habe Slahi gebetet – und wurde daraufhin mit einem strikten Gebets-Verbot belegt. Zudem wurde der gläubige Moslem während des Fastenmonats Ramadan zwangsernährt.
Schon früher wurden Soldatinnen «übergriffig»
Auch der letzte britische Insasse im Straflager, Shaker Aamer, warf Soldatinnen sexuellen Missbrauch vor – genau wie der ehemalige Guantánamo-Häftling aus Bremen, Murat Kurnaz. Wie «Spiegel.de» schreibt, kam ein vertraulicher Untersuchungsbericht des Pentagon bereits vor zehn Jahren zum Schluss, dass Verhörbeamtinnen übergriffig wurden.
Slahi, der als neuntes von zwölf Kindern zur Welt gekommen ist, hat lange in Deutschland gelebt und dort Elektrotechnik studiert. Seit 2005 kämpften seine Verteidiger darum, seine Aufzeichnungen zu veröffentlichen. Nun kamen sie mit ihrem Anliegen durch – mussten allerdings bestimmte Passagen sowie Namen schwärzen. (lex)