Ein einzigartiger Weg
Die Slowakei macht Corona-Massentests

Die Slowakei führt ein ungewöhnliches Experiment durch: Fast die gesamte Bevölkerung wird auf das Coronavirus getestet. Die erste Runde fand am vergangenen Wochenende statt.
Publiziert: 02.11.2020 um 18:23 Uhr
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In der Slowakei wird fast die gesamte Bevölkerung auf das Coronavirus getestet.
Foto: Getty Images

Die Slowakei wählt einen einzigartigen Weg in der Corona-Pandemie: Das Land hat damit begonnen, fast die gesamte Bevölkerung auf das Coronavirus zu testen.

Am vergangenen Wochenende fand die erste Runde der kostenlosen Massentests in den knapp 5000 Abnahmestellen statt. Zur Teilnahme aufgerufen waren alle Bewohner der Slowakei zwischen 10 und 65 Jahren, auch Ausländer. Am kommenden Wochenende (7. und 8. November) folgt eine zweite Testrunde. Die Slowakei zählt insgesamt mehr als fünf Millionen Einwohner.

Ziel: Infizierte entdecken, die symptomfrei sind

Das Ziel: Auch Corona-Fälle entdecken, die symptomfrei sind. Wenn alle positiv getesteten Menschen in Quarantäne sind, könnte der momentane Anstieg an Neuinfektionen vielleicht gebremst werden. Die Regierung meint, dass die Kosten geringer seien als andauernde und harte Massnahmen, so die «Welt».

Es werden sogenannte Antigen-Tests durchgeführt, welche diesen Montag auch in der Schweiz zugelassen wurden. Diese sind kostengünstiger (4 Euro) als die PCR-Labortests und liefern die Ergebnisse schneller (in 15 bis 30 Minuten). Allerdings sind sie auch weniger zuverlässig. Die Regierung nimmt dennoch an, dass über 80 Prozent aller Infektionen mit den Tests erkannt werden können, wie die «Welt» berichtete.

Lange Warteschlangen und Personalmangel am Samstag

Laut der Regierung wurden am ersten Tag rund zweieinhalb Millionen Menschen getestet. 25'850 Personen waren positiv. Der Anteil von etwa einem Prozent war niedriger als erwartet. Matovic warnte aber davor, bei der Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln nachlässig zu werden: «Die Situation ist noch nicht unter Kontrolle.»

Offenbar kam es am Samstag bereits zu langen Warteschlangen vor den Testzentren. Unter anderem mangelte es an medizinischem Personal, so die «Tagesschau». Am Sonntag beruhigte sich scheinbar die Lage.

Eigentlich sei die Teilnahme an den Tests freiwillig. Doch wer den Test verweigert und kein negatives Attest vorlegen kann, wird bei den Ausgangsbeschränkungen stark benachteiligt. Zu den Kritikern der Massnahme zählt die Ärztekammer des Landes, die von einer Ressourcenverschwendung und einer «Erpressung» sprach.

Slowakei – ein Vorbild für die Schweiz?

Die Slowakei hofft, dass ihr Experiment zum Vorbild für andere europäische Länder werden könnte. Die Massentestung könne laut dem Ministerpräsidenten Igor Matovic einen alternativen Weg zum Lockdown darstellen. «Wir haben die grosse Chance, Europa und der Welt zu zeigen, dass es auch anders geht, ohne Schliessung der Wirtschaft und Millionen Arbeitsloser», so Ministerpräsident.

Seit September gehen in der Slowakei die Infektionszahlen wieder hoch. Bisher wurden über 60'000 Menschen positiv getestet. Mehr als 200 Menschen sind an Covid-19 verstorben. Allerdings zählt die Slowakei nur Verstorbene, bei denen eine andere Todesursache ausgeschlossen wurde. Seit dem 24. Oktober herrschen Ausgangsbeschränkungen. (SDA/zbc)

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