Es ist eine Horrorwoche für die britische Premierministerin Theresa May (61). Erst treten zwei ihrer Kabinettsmitglieder aus Protest gegen ihren weichen Brexit-Kurs überraschend zurück: Aussenminister Boris Johnson (54) und Brexit-Minister David Davis (69), beides Hardliner für den harten Bruch mit der EU. May muss sich nun vor einem parteiinternen Putsch fürchten.
Dann verlieren die Engländer im WM-Halbfinal in den letzten Minuten gegen die Kroaten. Kaum ist der Frustkater ausgestanden, besucht US-Präsident Donald Trump (72) das Land mitten in der Regierungskrise – und sorgt gleich für einen Eklat.
Trump droht, Handelsabkommen platzen zu lassen
Vor den heutigen Gesprächen mit May gab der US-Präsident der britischen Boulevardzeitung «The Sun» ein Interview. Dort sagt er zum Rücktritt von Boris Johnson: «Ich denke, er wäre ein grossartiger Premierminister.»
Weiter gab Trump zu verstehen, dass er den anvisierten weichen Brexit von May missbiligt. Er drohte, dass versprochene bilaterale Abkommen mit den Vereinigten Staaten platzen zu lassen, wenn Grossbritannien eine enge Bindung mit der EU eingeht. «Wenn sie das tun, wird ihr Handelsabkommen mit den Vereinigten Staaten vermutlich nicht zustande kommen.»
Der Besuch Trumps stand schon vor der Publikation des Interviews unter einem schlechten Stern. Die Hälfte der Briten wünschte sich, dass er gar nicht erst auf die Insel kommt. Gar drei Viertel verachten laut Umfragen Trumps Politik. Zehntausende wollen heute gegen ihn demonstrieren. In London soll eine aufblasbare Baby-Trump-Puppe über dem Westminster-Palast fliegen.
Für May steht viel auf dem Spiel
Premierministerin May sorgt – trotz der Kritik an ihrer Person - dafür, dass der US-Präsident wenig davon mitbekommt. Sie will ihn mit viel Trara und Pomp in abgelegenen Palästen empfangen, seinem Ego schmeicheln, ihn umgarnen.
Nach dem gestrigen Galadinner berät sich Trump heute mit May über Handelsbeziehungen, Brexit und Russland. Anschliessend trifft er sich mit Königin Elizabeth zum Nachmittagstee auf Schloss Windsor. Und verabschiedet sich dann ins Golfwochenende nach Schottland.
Für May steht beim Treffen einiges auf dem Spiel. Die Briten stehen mit dem Rücken zur EU und erhoffen sich daher viel von einer engen Partnerschaft mit den USA, vor allem was einen möglichst freien Handel betrifft. Doch genau den bekämpft Trump derzeit mit seinen Strafzöllen. Auch bei den Themen Klimawandel, Naher Osten oder Russland gehen die Positionen teils weit auseinander.
«Es gibt kein stärkeres Bündnis»
Dennoch hat May viel von der «besonderen» Beziehung zu den USA geschwärmt. «Es gibt kein stärkeres Bündnis als unsere besondere Beziehung zu den USA», sagte sie. «Es wird auch in den kommenden Jahren kein wichtigeres Bündnis geben.»
Doch wird dieses Bündnis Trumps Politik mit der Abrissbirne überleben?
Darüber sind sich Experten nicht einig. Die einen sehen die jahrzehntealte Verbindung zwischen den Ländern als so tief verwurzelt, dass sie Ausfälle einzelner Politiker übersteht. Andere sind weniger optimistisch, vor allem weil das Bündnis für die USA in jüngster Zeit ohnehin weniger wichtig geworden ist. Fungierten die Briten bisher als diplomatischer Brückenkopf zwischen der EU und den USA, verlieren sie diese wichtige Funktion nun durch den Brexit.
May-Gegner sind Trumps Freunde
Zudem macht Trump kein Geheimnis aus seiner Bewunderung für den harten Brexit. Den Ex-Aussenminister Boris Johnson und den ehemaligen Ukip-Chef Nigel Farage (54) nennt er gar seine «Freunde».
Zu May aber hat Trump eine frostige Beziehung. Der chauvinistische Showman und die strenge Pfarrerstochter könnten gegensätzlicher nicht sein. Mehrmals kritisierte Trump Mays Politik über Twitter.
Sie befindet sich daher in einer denkbar schwachen Position. Und Trump verachtet Schwäche. Mays Horrorwoche könnte also bitter enden.