Eine 60-jährige Thailänderin, die Sexarbeiterinnen in Schweizer Bordelle einschleuste, wird zehneinhalb Jahre im Gefängnis sitzen müssen. Dieses Urteil bestätigte das Berner Kantonsgericht am Freitag. Die Angeklagte wurde laut «swissinfo.ch» des Menschenhandels, der Förderung der Prostitution und anderer Straftaten für schuldig befunden.
Die Angeklagte erhält damit keine mildere Strafe der zweiten Instanz. Das Kantonsgericht verhängte zudem eine Tagesstrafe von 30 Franken für 260 Tage oder 7800 Franken. Laut Anklage brachte die Frau Dutzende von Landsleuten aus ärmeren Teilen Thailands in die Schweiz, wo diese in einschlägigen Etablissements als Prostituierte anschaffen mussten, und verlangte von ihnen überrissene Gebühren für Reise und Unterkunft.
Die in ihren Kreisen nur als «Ma'am» bekannte Thailänderin soll nicht zimperlich gewesen sein, wenn es darum ging, die Frauen zum Anschaffen anzutreiben und von ihnen Geld abzukassieren. In der Anklageschrift des ersten Prozesses im Jahr 2018 war von 88 ausgebeuteten jungen Frauen und Transsexuellen die Rede. Die Angeklagte verrechnete horrende Kosten für die Organisation der Reise und den Aufenthalt in der Schweiz. Diese Schulden mussten die Frauen abarbeiten.
Anschaffen in sieben Kantonen
Damals hatte die Vorinstanz die Frau in 75 Fällen wegen Menschenhandels, in 29 Fällen wegen Prostitution, in 86 Fällen wegen Anstiftung zur illegalen Einreise und zum illegalen Aufenthalt und in 86 Fällen wegen Geldwäsche von mindestens 120.000 Franken verurteilt. In einigen Fällen wurde die Thailänderin jetzt jedoch freigesprochen, weil die Beweise als unzureichend erachtet wurden. Die Strafkammer des Obergerichts hielt die Beweislage für zusätzliche Schuldsprüche in den meisten Fällen für zu gering. Das Urteil kann noch ans Bundesgericht weitergezogen werden.
Die Straftaten stammen aus dem Zeitraum zwischen 2009 und 2014. Die Frau hatte ihren Wohnsitz in Thailand, reiste aber wegen ihrer illegalen Geschäfte regelmässig in die Schweiz. Ihre Opfer stammten aus wirtschaftlich schwächeren Schichten der Gesellschaft und verfügten über eine geringe Bildung.
Nach ihrer Einreise in die Schweiz wurden sie dann gezwungen, sich in Bordellen in sieben Schweizer Kantonen - Bern, Solothurn, Luzern, Basel-Stadt, Thurgau, St. Gallen und Zürich - zu prostituieren, um ihre Reiseschulden zu begleichen. Die Reisekosten stellte die Verurteilte mit 30'000 Franken in Rechnung - wobei noch Verpflegungs-, Unterbringungs- und Werbekosten hinzukamen. (kes/SDA)