Anklage gegen falschen Polizisten
Türkische Betrügerbande zockte Schweizer Rentner ab

Die Opfer heissen Erika, Elisabeth und Rosmarie. Der Schweizer Mehmet A. steuerte von der Türkei aus eine dreiste Betrugsmasche. Nun soll er verurteilt werden.
Publiziert: 18.05.2025 um 18:47 Uhr
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Aktualisiert: 18.05.2025 um 19:19 Uhr
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Eine türkische Bande zockte Schweizer Rentner ab (Symbolbild).
Foto: IMAGO/Zoonar

Darum gehts

  • Schweizer organisiert Telefonbetrug von Türkei aus. Rentner um 200'000 Franken betrogen
  • Betrüger suchten gezielt nach älter klingenden Vornamen im Telefonbuch
  • 14 Rentner betrogen, weiterer Schaden von 300'000 Franken verhindert
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Raphael RauchBundeshausredaktor

Im Juni 2020 klingelt bei einer Rentnerin (73) in Bern das Telefon. Am Apparat melden sich zwei Polizisten. Sie sprechen Schweizerdeutsch. Was die Rentnerin nicht weiss: Die Berner Nummer auf dem Display ist manipuliert. Tatsächlich erfolgt der Anruf von Antalya (Türkei) aus. Die falschen Polizisten behaupten: In der Nähe habe es einen Einbruch gegeben, bei den Tätern sei ein Notizbuch mit Adresse und Bankverbindung der Rentnerin gefunden worden. Ihr Vermögen sei nicht mehr sicher. Um die Täter zu überführen, solle die Rentnerin der Polizei helfen und 20'000 Franken bei der Bank abheben.

Hinter diesem dreisten Betrug steht der Schweizer Mehmet A.* (36) und ein Netzwerk, das bis in die Türkei reicht. Über Facebook Messenger kontaktiert Mehmet A. einen Kindheitskollegen. Er holt das Geld in Bern ab, fährt nach Olten SO – und gibt das Geld einem weiteren Komplizen, der das Geld in die Türkei überweist. Als Honorar für die illegale Kurierfahrt erhält der Kindheitskollege 5000 Franken. 

Am 26. Mai 2025 wird Mehmet A. in Bern vor dem Wirtschaftsstrafgericht der Prozess gemacht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm gewerbsmässigen Betrug und qualifizierte Geldwäscherei vor. Er soll im Zeitraum von Juni 2020 bis November 2021 mit weiteren Mittätern insgesamt 14 Rentner betrogen haben – alles von der Türkei aus organisiert. Die Bande soll insgesamt rund 200‘000 Franken ergaunert haben. Weiterer Schaden im Betrag von 300‘000 Franken konnte verhindert werden.

Ein Risiko: älter klingende Vornamen

Mehmet A. und seine Komplizen haben in Schweizer Telefonbüchern bewusst nach Menschen mit älter klingenden Vornamen wie Erika, Elisabeth und Rosmarie gesucht. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass Mehmet A. ein ranghohes Mitglied einer Betrügerbande war.

Mehmet A. ist weitgehend geständig. Der Verteidiger des Angeklagten, Mustafa Bayrak (51), zu Blick: «Der Beschuldigte hat der Auslieferung aus dem Ausland (Türkei) zugestimmt und wurde daher direkt ausgeliefert. Er hat sich dem Verfahren von Anfang an gestellt und war von Anfang an geständig und kooperativ. Er hat mit seinen Aussagen wesentlich zur Aufklärung des Sachverhaltes und der Hintergründe und Hintermänner beigetragen.»

Viele schämen sich, Anzeige zu erstatten

Laut Staatsanwalt Rolf Rüdisser (47) handelt es sich um die schweizweit erste Anklage gegen ein ranghöheres Mitglied eines Telefon-Betrugsnetzwerks. Er vermutet, dass die Dunkelziffer der Geschädigten hoch ist: «Viele schämen sich leider und zu Unrecht, einen erlittenen Betrug zur Anzeige zu bringen. Die Betrüger gehen absolut professionell vor und nutzen es bei den älteren Personen in gemeinster Weise aus, dass die Polizei einen sehr hohen Respekt geniesst.»

* Name geändert 

Die Website www.telefonbetrug.ch gibt Tipps, wie man sich vor Telefonbetrug schützen kann. 

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