Darum gehts
- Philipp Hildebrand kämpft mit Problemen im Zürcher Kunsthaus
- Finanzielle Schwierigkeiten und umstrittene Entscheidungen prägen seine Amtszeit
- Haefner-Deal bringt 30 Millionen Franken, löst aber nicht alle Probleme
Ex-Nationalbanker Philipp Hildebrand (61) tanzt auf vielen Hochzeiten. Den Bundesrat beriet er über den Umgang mit der Trump-Administration. Bei Blackrock, dem grössten Vermögensverwalter der Welt, ist er Vizepräsident. Seit kurzem wird der neue Stiftungsrat des World Economic Forum als Nachfolger von Klaus Schwab (87) gehandelt. Doch ausgerechnet eines seiner Ämter, das besonders viel Glanz und Gloria abwerfen sollte, bereitet Hildebrand am meisten Kopfzerbrechen: die Präsidentschaft der Zürcher Kunstgesellschaft.
Am Montag lädt Hildebrand zur Generalversammlung in den Festsaal des schicken Chipperfield-Baus ein und stellt sich der Wiederwahl. Von Feststimmung kann keine Rede sein – auch nach drei Jahren Amtszeit hat der Multimanager die multiplen Probleme des Kunsthauses nicht in den Griff bekommen:
Finanzen
Passt ein Banker an die Spitze eines Kulturinstituts? Viele Mitglieder der Kunstgesellschaft fanden das bei Hildebrands erster Wahl offenbar unpassend: Er erhielt lediglich 63,4 Prozent der Stimmen. Danach flackerte die Hoffnung auf, dass mit einem Finanzfachmann wenigstens der Etat ins Lot geraten könnte. Diese Erwartung hat Hildebrand bislang enttäuscht. Einen dritten Hauptsponsor fand er bis heute nicht, das Museum schreibt weiterhin rote Zahlen. Die Stadt Zürich hat das Rahmenbudget nicht genehmigt, Hildebrand muss erneut über die Bücher. Am Ende muss das Zürcher Stimmvolk entscheiden, ob es dem Museum weiterhin mit Millionen unter die Arme greifen will. Ein Pro-bono-Gutachten der Boston Consulting Group (BCG) soll helfen, die Probleme in den Griff zu bekommen – dabei hatten sich frühere Annahmen der BCG als falsch herausgestellt. Weshalb das Kunsthaus erneut auf BCG setzt, will es nicht verraten. Der für die Finanzen zuständige Vizedirektor Alex Schneider verlässt nach zwei Jahren das Kunsthaus – gemäss der Onlinejobplattform Linkedin hat er «per September 2025 eine neue Herausforderung ausserhalb der Kulturbranche angenommen».
Haefner-Deal mit Fragezeichen
Ein Befreiungsschlag sollte ein Deal sein, den Hildebrand kürzlich mit den Amag-Erben einfädeln konnte: Martin und Marianne Haefner spenden dem Kunsthaus Zürich 30 Millionen Franken. Das Geld fliesst in eine neue Stiftung, die jährlich eine Ausstellung von internationalem Rang finanzieren soll. Die Gelder sind zweckgebunden, mit ihnen bekommt das Kunsthaus seine maroden Finanzen nicht in den Griff. Was man dort bewusst verschweigt: Der Name Haefner ist für das Kunsthaus Zürich eine Hypothek. Amag-Gründer Walter Haefner hatte dem Museum Bilder vermacht, deren Provenienz teilweise unklar ist. Im Zusammenhang mit einem Werk von René Magritte hält das Kunsthaus fest: «Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug kann aktuell nicht ausgeschlossen werden.»
Bührle-Komplex
Seit Jahren sorgen die Bilder aus der Sammlung von Hitlers Zürcher Waffenhändler Emil Bührle für Ärger. Nach Informationen von SonntagsBlick haben sich die Verantwortlichen inzwischen geeinigt; Details sollen auf der Generalversammlung bekannt gegeben werden. «Das Kunsthaus Zürich plant eine Medieninformation zu den Resultaten der Einigung», bestätigt Victor Schmid (69), einer der mächtigsten Lobbyisten Berns und Vorstandsmitglied der Bührle-Stiftung. Bislang erklärte die Kunstgesellschaft nicht, wie sie auf den Untersuchungsbericht des Historikers Raphael Gross (59) antworten soll. Der hatte 2024 empfohlen, die Provenienzforschung auszubauen, zudem solle das Kunsthaus ein beratendes Gremium einsetzen. Zugleich warnte Gross vor einer Reinwaschung des Bührle-Erbes: «Die Präsentation der Sammlung nobilitiert seinen Namen und damit seine Sammlung als Ganzes. Vor dem Hintergrund der Resultate stellt sich die Frage, ob eine öffentliche Einrichtung dies mit ihrer moralisch-ethischen Haltung in Übereinstimmung bringen kann.»
Umstrittener Brief
Der Umgang mit Raub- und Fluchtkunst scheint keine Stärke Hildebrands zu sein. Letztes Jahr enthüllte SonntagsBlick, wie der Blackrock-Manager in einem Brief an den Ständerat behauptete, die unabhängige Expertenkommission einseitig anzurufen, komme einer «Enteignung» gleich. Bei einer späteren Vorstandssitzung handelte sich Hildebrand für diesen Brief einen Rüffel ein, Hildebrand wurde überstimmt.
Probleme bei der Herkunftsforschung
Hildebrand rühmt sich in seinem Brief an den Ständerat, «eine transparente und lösungsorientierte Provenienzstrategie» eingeführt zu haben. Der Ankündigung, die Herkunft der Bilder stärker zu untersuchen, folgten jedoch bislang kaum Taten. Die Datenbank des Zürcher Kunsthauses ist nicht auf Höhe der Zeit – sie zeigt nicht die Rückseite der Bilder. Dort finden sich häufig Stempel, Etiketten von Ausstellungen oder handschriftliche Vermerke, die Informationen über die Herkunft der Bilder geben. Ob das Kunsthaus bislang nicht dazu kam, die Rückseite der Bilder zu fotografieren, oder ob die Fotos bewusst nicht in der Datenbank landen, weil dies weitere Fragen nach sich ziehen könnte, will das Kunsthaus Zürich nicht beantworten. Unklar ist auch, was aus geplanten Provenienzprojekten wird: Das Kunsthaus bekam nicht alle beim Bundesamt für Kultur beantragten Fördergelder genehmigt.
Management-Probleme
In Hildebrands Amtszeit fielen fragwürdige Entscheidungen. Obwohl das Kunsthaus ein Subventionsbetrieb ist, wurde stillschweigend bei jungen Museumsbesuchern gespart – war früher der Eintritt bis zum Alter von 16 Jahren gratis, sind es heute 13 Jahre. Auch leistete sich das Kunstmuseum zu lange ein aufwendiges Museumsshop-Konzept mit zwei Leitern. Die Hoffnung, mit einem herkömmlichen Museumsshop und einem Premiumshop mehr Einnahmen zu generieren, ist nicht aufgegangen.
Philipp Hildebrand wollte Fragen von SonntagsBlick nicht beantworten. Was man ihm zugutehalten muss: Ein Grossteil der Probleme hat eine Vorgeschichte, für die er nichts kann. Die abtretende Stadtpräsidentin Corine Mauch (64) wird am Montag ebenfalls an der Generalversammlung teilnehmen. Sie trägt die politische Verantwortung für das Kunsthaus-Debakel.