Alles nur Fake!
Vermeintliche Datingportale zocken Singles ab

Viele suchen im Internet nach der Liebe. Das nutzen Firmen mit illegalen Machenschaften jedoch aus, um über vermeintliche Datingportale ihren Kunden Geld aus der Tasche zu ziehen.
Publiziert: 10.04.2018 um 19:08 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 17:38 Uhr
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Reifesflirtmatch.com hält nicht, was es verspricht. Das vermeintliche Datingportal zockt mit Fake-Profilen ihre Kunden ab.
Foto: Screenshot
Marsel Szopinski

Der Aargauer Ferdinand M.* (68) ist alleinstehend und sucht nach der grossen Liebe. Wie gerufen kommt ihm deshalb eine Werbung: ein vermeintliches Datingportal «Reifesflirtmatch.com» mit «handgeprüften Profilen». Prompt meldet M. sich an und flirtet los. Und das mit Erfolg: Er umgarnt gleich zwei Damen. Als der Herr ein Treffen vorschlägt, blocken die Frauen sofort ab.

Auch übers Handy wollen sie keinen Kontakt. Denn der Online-Chat kostet: zwei Franken pro verschickte Nachricht. M. wird sauer und recherchiert: Die Damen existieren gar nicht! Dabei hat er schon insgesamt rund 500 Franken in die Bekanntschaften investiert.

Das Kleingedruckte lesen

«Das ist Betrug!», findet der 68-Jährige. Ein Blick in die AGB zeigt: Das Portal ist eigentlich keine Datingseite, soll lediglich dem «Entertainment» dienen. Dafür würden «Unterhaltungsprofile» gezielt eingesetzt. Dabei behalte sich die Firma das Recht vor, «Gespräche auf der Website über selbst kreierte Profile zu steuern». Die AGB werden bei der Anmeldung nicht erwähnt, weshalb M. nichts davon wusste.

Um von Betrug zu sprechen, seien nicht alle Bedingungen erfüllt, erklärt Rechtsanwalt und Chef der Reklamationszentrale Schweiz Reto Puma. Legal sind die Machenschaften trotzdem nicht: «Der Hinweis auf geprüfte Profile erweckt für den normalen Kunden den Anschein, dass es sich gerade nicht um Fake-Profile handelt», sagt Puma zu BLICK. 

Reto Puma ist Rechtsanwalt und Chef der Reklamationszentrale Schweiz.
Foto: PHILIPPE ROSSIER

Absichtliche Täuschung

Genau das wird in den AGB aber ausgeschlossen: «Ein irreführendes Verhalten des Täters liegt damit vor.» Somit könne man von einer «absichtlichen Täuschung» sprechen, sagt Puma. «Der Kunde wird den Vertrag in den meisten Fällen nur eingehen, weil er davon ausgeht, dass es sich um reale Profile handelt.» Mit einer Klausel in den AGB, die in etwa das Gegenteil dessen enthält, was in der Anzeige angepriesen wird, müsse der Kunde nicht rechnen. «Die Klausel verstösst damit gegen Treu und Glauben.»

Der Weg über ein gerichtliches Verfahren lohne sich bei einer Streitsumme in dieser Höhe meistens nicht. «Aus diesem Grund würde ich raten, die Forderung über den bilateralen Weg zu klären», so Puma. Die Reklamationszentrale sei spezialisiert, in solchen Fällen Reklamationsschreiben mit der Darlegung des rechtlichen Hintergrunds an Firmen zu schicken, um Ansprüche rechtlich geltend zu machen.

Briefkastenfirma mit weltweitem Erfolg?

Hinter den illegalen Machenschaften steckt das Unternehmen «Festivus Media B.V.» mit Sitz in den Niederlanden. Die Firma betreibt Hunderte von ähnlichen Seiten in allen möglichen Sprachen. Andere Nutzer berichten, dass Festivus sogar gefälschte Facebook-Profile verwendet, um potenzielle Kunden auf ihre Seiten zu locken. Die Masche ist aber immer die gleiche: Ahnungslosen werden Dates, Liebe oder Sex versprochen. 

Zudem scheint Festivus eine Briefkastenfirma zu sein: Im Hauptsitz kennt sie niemand, die Telefonnummer ist ungültig. BLICK-Recherchen zeigen, dass die Firma «Seacon Management» auf der Karibikinsel Curaçao die Fäden zieht. Auf Anfrage von BLICK möchte der Inhaber jedoch keine Stellung nehmen. «Ich rede nicht mit den Medien», sagt er.

* Name geändert

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