Nach dem Urteil gegen seine Noch-Ehefrau fällt es ihm wie Schuppen von den Augen. David K.* (36) sieht plötzlich, dass er in einer schlechten Position ist, um für die Obhut seines Kindes zu kämpfen. «Ich war blind vor Liebe», sagt er zu Blick. Jetzt, wo er eine gewisse Distanz zu seiner Frau gewonnen hat, sieht er alles in einem anderen Licht. Er sagt: «Ich würde so einiges anders machen, wenn ich noch einmal entscheiden könnte.»
Vor einer Woche stand seine Noch-Ehefrau Alara T.* (34) vor dem Amtsgericht Olten-Gösgen, weil sie ihn im Februar 2020 mit zwei 17 Zentimeter langen Messern schwer verletzt hatte, weil er sie verlassen wollte. Ein Stich durchbohrte die Magenwand, mehrere Hiebe führten zu Schnittverletzungen an Bein, Schulter und Oberarm.
Der Richter liess aber Milde walten, stufte den Angriff als qualifizierte einfache Körperverletzung und den Stich in den Bauch als fahrlässige Körperverletzung ein: Sie kassierte eine bedingte Freiheitsstrafe von einem Jahr.
«Ich war blind vor Liebe»
David K. ist fassungslos über das aus seiner Sicht viel zu milde Urteil. Machen kann er dagegen aber nichts, weil er im Vorfeld eine Desinteresse-Erklärung unterschrieben hat. Er ist also nicht Partei in dem Gerichtsprozess, er kann das Urteil somit auch nicht weiterziehen. «Ich sehe jetzt, ich habe da einen grossen Fehler gemacht», sagt er. «Ich kann jetzt nur darauf hoffen, dass der Staatsanwalt das Urteil nicht akzeptiert und den Prozess an das Obergericht weiterzieht.»
Er hat sich als Privatkläger zurückgezogen, weil seine Frau ihn gedrängt hatte, sagt er. «So etwas macht man halt, wenn man verliebt ist. Ich war blind vor Liebe.»
Den ersten Fehler hatte er kurz nach der Attacke gemacht: Er sagte damals aus, dass er im Freien von zwei unbekannten Männern attackiert und verletzt worden sei. Bald wurde klar, dass er Alara T. hatte schützen wollen. Sie hatten Angst, dass sie das Sorgerecht für ein Kind aus einer anderen Beziehung verlieren würde.
Sogar geheiratet hat David K. seine Freundin und Angreiferin nach der Attacke. Und sie bekamen ihr gemeinsames Kind. David K. erklärt auch das mit den Scheuklappen der Zuneigung: «Sie wollte nach ein paar Monaten Untersuchungshaft eine zweite Chance. Ich sagte Ja. Wir zogen dann wieder zusammen.»
Im Moment hat trotz der Verurteilung die dreifache Mutter die Obhut für den zweijährigen gemeinsamen Sohn. David K. darf den Buben nur jedes zweite Wochenende zu sich nach Hause nehmen. Eine Tatsache, die er nicht verstehen kann. Schliesslich sei sie gewalttätig, nicht er.
«Er ist mein Wunschkind»
Mittlerweile wohnt David K. wieder in seinem Heimatkanton Zug. Der Logistiker hat eine kindergerechte Dreieinhalbzimmerwohnung gemietet, die Kitas in der Gegend bereits angefragt. Das Kinderzimmer ist bereit. Er hofft auf die Einsicht des Obergerichts bei der Scheidungsklage. Er sagt: «Ich will, dass mein Sohn bei mir lebt. Es ist mein Wunschkind, es gibt keinen Grund, dass ich nicht die Obhut bekomme.»
Alara T. wollte sich gegenüber Blick zu der Situation nicht äussern. Auch ihre Anwältin nutzte die Gelegenheit nicht, auf die Vorwürfe des Opfers zu reagieren.
* Namen geändert