Absurde Kriegsgründe
Gaddafi ist nicht der einzige Irre

ZÜRICH – Gaddafi erklärt der Schweiz wegen seinem Sohn verbal den Krieg. In der Geschichte hat weit Harmloseres schon blutige Schlachten ausgelöst: Fussball, Schweine oder ein geklauter Eimer.
Publiziert: 16.07.2009 um 16:35 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:48 Uhr
Von Simon Hehli
Muammar Gaddafi ist muff, weil die Genfer Polizei seinen Sohn Hannibal einbuchtete. Er beschimpft die Schweiz als Mafia-Republik – und würde sie am liebsten in ihre Einzelteile zerlegen und an die Nachbarländer verteilen (Blick.ch berichtete). Nur gut, dass Libyen 1600 Kilometer und ein Meer entfernt liegt – und der irre Wüstendiktator wenigstens nicht mit einem Einmarsch seiner Truppen drohen kann. Denn ein Blick in die Geschichte zeigt: Kriege hatten schon irrelevantere Auslöser als ein Präsidentenkind hinter Gittern. «Spiegel.de» hat die skurrilsten Konfliktursachen zusammengetragen:Fussball: 1969 in Zentralamerika: Zwischen El Salvador und Honduras hatte es bereits länger gegärt. Zehntausende Salvadorianer strömten illegal ins viel grössere Honduras, um dort Boden in Besitz zu nehmen. In der WM-Qualifikation trafen die beiden Länder aufeinander. Weil im Hin- und Rückspiel jeweils das Heimteam gewonnen hatte, wurde ein Entscheidungsspiel in Mexiko-City nötig. El Salvador siegte mit 3:2 – daraufhin kam es zu massiven Ausschreitungen mit Toten. Wenige Wochen später eskalierte der Konflikt: Während den Kämpfen, die nur hundert Stunden dauerten, starben 2100 Menschen.Kuchen: Monsieur Remontel betrieb im unruhigen Mexiko-City der 1830er-Jahre eine Bäckerei. 1838 Plünderten Offiziere sein Geschäft. Der Franzose wandte sich darauf an Frankreichs König Louis Philippe, der wiederum beim mexikanischen Präsidenten vorstellig wurde: 600000 Pesos sollte Mexiko für die zerstörte Bäckerei bezahlen – das Tausendfache des Jahreslohns eines Arbeiters. Der Präsident weigerte sich, worauf Frankreich seine Marine schickte und die Hafenstadt Veracruz einnahm. Nach der achtmonatigen Blockade musste Mexiko klein beigeben und Monsieur Remontel die ganzen 600000 Pesos abtreten.Eimer: In Italien tobte im 14. Jahrhundert ein 12-jähriger Krieg wegen eines simplen Eimers aus Eichenholz. Diesen liessen Soldaten aus Modena in Bologna mitgehen – wobei man nicht weiss, wieso er so begehrenswert war. Als sich Modena weigerte, das Beutestück zurückzugeben, sprachen die Waffen. Bologna bekam den Eimer nie mehr zurück, er wurde letztlich im Dom von Modena angekettet.Kabeljau: Weil ihnen englische Boote die Fische vor der Nase wegfischten, errichteten die Isländer ab 1958 Schutzzonen um ihre Insel. Das akzeptierten die Briten nicht und schickten Kriegsschiffe als Eskorte für ihre Trawler. Die Isländer haben keine Kriegsmarine – schlugen aber mit den Mitteln des Schwächeren zurück: Sie kappten die Netze der Eindringlinge und rammten mutig die britischen Schlachtschiffe. Erst 1975 wurde der Konflikt vor der Uno beigelegt – und Grossbritannien anerkannte eine 200-Meilen-Schutzzone.Schweine: Auf Staten Island im heutigen New York lebten im 17. Jahrhundert die Lenape-Indianer. Die Holländer schafften es nicht, auf der Insel Fuss zu fassen, bis sie 1640 einen Grund fanden, den Eingeborenen den Krieg zu erklären: Sie sollen angeblich Schweine gestohlen haben. Im folgenden Konflikt wurden die Lenape vertrieben. Ein Schicksal, das bald darauf auch den Holländern blühte: 1664 annektierten die Engländer das ganze Gebiet – auch die Schweine.Illegale Immigranten: Vor der marokkanischen Küste liegt die winzige Petersilieninsel, die seit dem 17. Jahrhundert zu Spanien gehört. Der unbewohnte Felsen geriet 2002 ins Visier des nordafrikanischen Landes, weil er angeblich als Umschlagplatz für illegale Einwanderer und Drogen dient. Deshalb «eroberten» marokkanische Polizisten die Insel am 12. Juli und hissten dort die Flagge des Königreichs. Nur fünf Tage später allerdings schickte Spanien zwei Fregatten und Fusstruppen. Diese nahmen den Flecken Land wieder in Besitz und vertrieben die Invasoren ohne Waffengewalt.
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