Samenspende nur für heterosexuelle Ehepaare
Das Gesetz der Heuchler

Das Schweizer Gesetz erlaubt künstliche Befruchtung nur heterosexuellen Ehepaaren. Begründet wird diese Einschränkung mit dem Kindeswohl. Warum das falsch, diskriminierend und heuchlerisch ist.
Publiziert: 25.02.2020 um 11:09 Uhr
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Alexandra Fitz, stv. Leiterin SonntagsBlick Magazin.
Foto: Paul Seewer
Alexandra Fitz

Das Schweizer Fortpflanzungsmedizingesetz erlaubt Samenspende nur Ehepaaren. Heterosexuellen Ehepaaren. So steht es unter dem Abschnitt «Kindeswohl». Der Staat glaubt also: Nur ein traditionelles Ehepaar kann das Wohl des Kindes gewährleisten.

Das ist falsch, diskriminierend und heuchlerisch.

Falsch, weil es Fälle gibt, bei denen das Kindeswohl innerhalb der Ehe nicht gewährleistet ist. Oder jeder Bespiele kennt, bei denen die Ehe in die Brüche ging und das Kindeswohl nicht mehr garantiert ist: Vater und Mutter sind geschieden, haben sich nichts mehr zu sagen, sind aber trotzdem verbunden und stehen täglich in Kontakt – weil sie drei gemeinsame Kinder haben. Sie streiten, oft sogar vor Gericht, während die Kinder beim Psychologen sind.

Und das, obwohl sie geheiratet haben, obwohl sie heterosexuell sind. Der Zivilstand der Eltern spielt nicht die wesentliche Rolle für das Wohlergehen der Kinder. Auch alleinstehende Frauen, schwule oder lesbische Paare können sich liebevoll um ein Kind kümmern.

Womit wir bei der Diskriminierung wären: Der Staat sagt Singlefrauen, dass sie nicht gut genug sind, ein Kind alleine aufzuziehen. Frauen sollen arbeiten, Führungspositionen innehaben und für Nachwuchs sorgen. Und wenn sie zwischen all dem keinen passenden Partner finden, müssen sie im Zweifelsfall kinderlos bleiben ... Wo bleibt da die Gleichberechtigung?

Heuchlerisch ist diese gesetzliche Einschränkung, weil viele Frauen trotzdem mit Samenspende schwanger werden und der Staat das weiss. Er mutet ihnen die zahlreichen Reisen und medizinischen Eingriffe in fremden Ländern, weit weg von der Familie, sogar noch zu.

Aber lang kann sich die Politik nicht mehr vor der Realität wegducken. Die Zahl der Singlefrauen nimmt zu, immer mehr Schweizerinnen werden alleine Mutter. Man nennt sie «Single Mothers by Choice», also freiwillig alleinerziehend.

Wird eine Frau bei einem One-Night-Stand ungewollt schwanger, ist dies eher akzeptiert als die bewusste Entscheidung zur Samenspende – als die bewusste Entscheidung für ein Kind. Dabei sind Samenspende-Kinder absolute Wunschkinder.

Alleinstehende Frauen überlegen sich diesen Schritt sehr genau, hinterfragen sich immer wieder. Auffallend ist auch, dass Singlemütter in der Regel starken familiären Rückhalt haben und fast ausschliesslich positive Reaktionen erleben – oft sogar für ihren Mut bewundert werden.

Jeder Solo-Mama ist bewusst, dass es hart sein kann, ein Kind allein zu erziehen. Aber jede tut es mit bestem Gewissen. Denn sie sagt sich: Woher will ich wissen, dass es mit einem Partner besser geklappt hätte?

Und ausserdem: Nur weil bei der Zeugung kein Mann an ihrer Seite ist, bedeutet das nicht, dass nie ein Mann in ihr Leben treten wird.

Sobald in der Schweiz die Samenspende für Singlefrauen erlaubt ist, werden deren Kinder weniger stigmatisiert.

Wenn das kein Beitrag zum Kindeswohl ist!

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