Nachschlag von Johannes von Dohnanyi
Du sollst nicht lügen

Publiziert: 13.04.2019 um 23:59 Uhr
Johannes von Dohnanyi, Auslandredaktor

Das Oberhaupt der katholischen Kirche leitet seine Legitimation aus dem Matthäus-Evangelium ab:

«Du bist Petrus,  der Fels, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.»

Das Recht auf diese Rolle als Stellvertreter Gottes hat Joseph Ratzinger mit seinem freiwilligen Rücktritt vor sechs Jahren verloren.

Gott sei Dank!

Denn was der pensionierte Papst Benedikt jetzt als «Notizen» über die Ursachen der moralischen Verwahrlosung seiner Kirche veröffentlicht hat, verhöhnt das jahrzehntelange Leid unzähliger Opfer an der sexualisierten Gewalt des katholischen Klerus.

Als langjähriger Leiter der vatikanischen Glaubenskongregation hatte Kardinal Ratzinger den Finger immer auch am kriminellen Puls seiner Kirche. Tausende Missbrauchsopfer hier, Tausende dort.
Nun aber hat der Kirchenmann wenige Tage vor seinem 92. Geburtstag der 68er-Generation und ihrer «sexuellen Revolution» die alleinige Verantwortung für die Vergottlosung, für Schwulen-Clubs in Priesterseminaren und andere gesellschaftliche Exzesse in die Schuhe geschoben.

Damit aber verstösst der Ex-Pontifex gegen ein göttliches Gebot: «Du sollst nicht falsch aussagen gegen Deinen Nächsten», heisst es im 2. Buch Mose.

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