M. Prix – Stefan Meierhans – kämpft für Konsumenten
Gebühren – Kreative Verwaltungsfinanzierung?

Für die Rücküberweisung einer versehentlich doppelt gezahlten Busse verlangt die Stadt Chur eine Umtriebsgebühr von 20 Franken. Unverhältnismässig, nennt das der Preisüberwacher.
Publiziert: 13.05.2019 um 07:41 Uhr
Preisüberwacher Stefan Meierhans.
Foto: Keystone
Stefan Meierhans, Preisüberwacher

Eine 40 Franken Parkbusse ist der Ursprung des Ärgers einer Churerin. Selbst schuld? Ja, aber das ist hier nicht der Punkt: Die Frau hat ohne Murren gezahlt, leider aus Versehen doppelt. Halb so schlimm, das meldet man eben und erhält den zu viel bezahlten Betrag zurückerstattet. So läuft es fast überall – insbesondere in der Privatwirtschaft. Nur, was meist mit der Bemerkung «das kann ja mal passieren» (kostenlos) in Ordnung gebracht wird, kostet in Chur 20  Franken Umtriebsgebühr. 20 Franken bei einem Betrag von 40 Franken? Wirklich?

Ja, und es kommt noch dicker, wenn es nämlich bei einer Zahlung an den Kanton Graubünden passiert. In der betreffenden Departementsverfügung des Kantons ist nämlich zu lesen: «Irrtümlich beim Kanton eingehende Gelder bis 50 Franken pro Fall werden nicht zurückbezahlt, sofern sie nicht ausdrücklich zurückgefordert werden.» Im Klartext: Wenn Sie 19.60 Franken zu viel bezahlt haben, sollten Sie froh sein, wenn Sie es nicht merken. Denn, wenn Sie um Rücküberweisung bitten, könnten Sie theoretisch statt Geld zurück noch eine zweite Rechnung über 40 Rappen erhalten.

Starker Tobak – der den Verdacht nährt: Gebühren verkommen bisweilen zum Selbstbedienungsladen von Kantonen und Gemeinden. Es ist ja auch verlockend: Sie können in Eigenregie erhoben werden und müssen, anders als Steuerthemen, nicht vors Volk. Aber es ist nicht so, dass es hier keine Regeln gäbe: Gebühren der öffentlichen Hand müssen nämlich zwei Kriterien erfüllen. Erstens darf der Gesamtertrag der Gebühren die Gesamtkosten des betreffenden Verwaltungszweigs nicht übersteigen und zweitens, muss die Höhe der Gebühr im Einzelfall in einem vernünftigen Verhältnis stehen zum Wert, den die staatliche Leistung für den Abgabepflichtigen hat.

Ob nun tatsächlich die Prinzipien des Gebührenrechts verletzt wurden, ist offen. Das Nachweisen der Regelverletzung – das ist der Knackpunkt. Schlussendlich kann nur die zuständige Verwaltungsbehörde beziehungsweise das Gericht verbindlich darüber befinden. Aber wer nimmt wegen 40 Franken das Risiko eines langen, kostenintensiven juristischen Verfahrens mit ungewissem Ausgang auf sich?

Mein Aufruf an die Volksvertreter: Sorgt bitte dafür, dass die geltenden Regeln nicht nur auf geduldigem Papier stehen, sondern – wie es die Bürger in einem Rechtsstaat erwarten dürfen – auch lückenlos angewendet werden.

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