Lockerungsdruck
Fertig mit der Harmonie

Aussenminister Ignazio Cassis will das Leben in der Schweiz wieder hochfahren. Am Anfang der Krise war sich der Bundesrat noch einig, diese Harmonie könnte aber bald an ihr Ende gelangen.
Publiziert: 26.04.2020 um 00:03 Uhr
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Aktualisiert: 26.04.2020 um 00:09 Uhr
Simon Marti, Politik-Redaktor.
Foto: Shane Wilkinson
Simon Marti

Die Hauruckübung von Ignazio Cassis diese Woche markiert ­einen Einschnitt in der Krisenbewältigung. Der Tes­siner wollte vorwärtsmachen, das öffentliche Leben rasch wieder hochfahren.

Das ist die positive Deutung seiner gescheiterten Initiative. Die negative: Es war eher eine Einlage für die Galerie. Sonst hätte Cassis zuvor anders auftreten müssen. Wenn sich die Rezession erst durchs Land frisst, wird er sich nun rühmen dürfen, er habe ja vergeblich für eine rasche Lockerung gekämpft.

Die demonstrativ in ­Szene gesetzte Einigkeit des Bundesrats zu Beginn der Krise war ohnehin geschönt. Und doch konnten Rechte dem Gesundheitsminister Alain Berset Respekt zollen. Und Linke anerkennen, dass es Finanzminister Ueli Maurer in Rekordzeit gelang, zig Firmen mit Geld zu versorgen.

Die Konkordanz stärkte das Vertrauen in eine Regierung, die auf Gedeih und Verderb ebendieses Vertrauen der Bevölkerung brauchte. Mit dem Eintritt in die Phase der Lockerungen werden Diskussionen im Bundesratszimmer nun unter veränderten Vorzeichen geführt. Die Parteien fordern die Bundesräte auf, sich ihrer je­weiligen politischen Heimat zu erinnern.

Es ist auch dieser Druck, der dazu führt, dass eine Regierung, die tief in die Freiheiten jedes Einzelnen eingegriffen hat, nun Mühe bekundet, diesen Griff wieder zu lockern – und zwar so zu lockern, dass sie weder die Gesundheit gefährdet, noch darbenden Firmen komplett den Garaus macht.

Kein Wunder, ist die Politik der Harmonie an ihr Ende gelangt.

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