Seit dieser Woche ist fast alles wieder beim Alten. Unser Sohn geht wieder ganz normal zur Schule. Und trotz des Stresses, den die Doppelbelastung mit sich brachte – wie Leute, die mehr als ein Kind haben, gleichzeitig zu Hause arbeiten und unterrichten konnten, ist mir ein Rätsel –, verspüre ich fast ein wenig Sehnsucht nach der Zu-Hause-Bleiben-Zeit.
Jetzt haben die diversen Lehrer, Gschpändli und ausserschulischen Aktivitäten unseren Achtjährigen wieder. Ich sehe ihn kaum noch. Und ich muss sagen: Bei allem Stress und bei aller teilweise lähmenden Angst war die Corona-Zeit für uns streckenweise wunderschön. Dabei ist uns bewusst, wie gross der Horror für Menschen war, die krank gewesen oder es immer noch sind, für deren Angehörige nicht minder.
Aber so waren wir gefühlt tausendmal schneller mit dem Schulstoff durch als zu Zeiten des Klassenunterrichts und hatten nebenher Zeit für die wirklich wichtigen Dinge, die im Alltag viel zu kurz kommen: Gärtnern und Sämlingen beim Wachsen zusehen. Den Haustieren – vier Zwergkaninchen – eine neue Leiter für ihren Auslauf basteln. Lernen, wie man eine Omelette in der Luft dreht (oder vom Boden aufwischt). Ein Stofftier selber nähen. Am Morgen zusammen joggen gehen, Eichhörnchen und Eichelhäher sehen und merken, dass auch bei einem Achtjährigen Bewegung so einiges im Hirn auslöst. Die philosophischen Diskussionen, die man dann – atemlos – auf dem Heimweg führt. Zopf backen und beim Zöpfeln ein Gnusch bekommen. Als Familie gemeinsam Klavier und Schlagzeug üben und Lieder selber dichten ... auf «kriminelle Forelle» muss man erst mal kommen! Einfach all die kleinen Dinge, die nichts mit Arbeit oder Schule zu tun haben und unser Leben so lebenswert machen. Über den Schlafmangel, der daher rührte, dass die Lohnarbeit dann nachts erledigt wurde, wenn das Kind schlief, gehe ich jetzt mal hinweg.
Ich hätte mir wirklich gewünscht, dass dieser erzwungene Stillstand mehr auslöst. Zum Beispiel Überlegungen dazu, warum sich unser Wirtschaftssystem eigentlich so entwickelt hat, dass ein Einkommen allein kaum noch ausreicht, um die Familie zu ernähren, und dass deshalb meistens beide Elternteile arbeiten müssen. Auch im Umweltbereich wäre es an der Zeit gewesen, viel zu ändern: Warum lassen wir zu, dass unsere Atemluft verpestet wird, dass ganze Landstriche verwüstet werden, damit einige wenige den Gewinn aus dieser Zerstörung abschöpfen? Während, wie gesagt, ein Einkommen nicht mehr für eine Familie reicht? Warum sorgen wir als Gesellschaft nicht für gerechtere Gesetze? Warum können Familien nicht mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen?
Stattdessen kehren wir in einen irrsinnigen Alltag zurück, das Hamsterrad dreht sich für die meisten wieder fast so schnell wie zuvor. Ich sehe unseren Sohn in die Schule hüpfen und fühle einen Stich im Herzen.