Sexarbeit ist in der Schweiz rechtlich eine Arbeit wie jede andere mit Arbeitsbewilligungspflicht, AHV, Steuern. Der Einstieg ist einfach. Herauszukommen hingegen schwierig. Laut einer Europarat-Studie würden 80 bis 90 Prozent der Sexarbeitenden aussteigen, wenn sie eine Alternative hätten. Doch genau diese fehlt meistens in der Schweiz. Das ist ein Missstand.
Will jemand nach Jahren mit der Prostitution aufhören, steht die Person oft vor dem Nichts. Und braucht ein ganzes Programm mit Arbeitsvermittlung, Jobcoaching, psychischer Betreuung, Hilfe mit Administrativem, Notunterkünften oder finanziellen Überbrückungshilfen, um auf die Beine zu kommen. Doch das bieten in der Schweiz in diesem Umfang ganz wenige kleine (christliche) NGOs, die sich grösstenteils über Spenden finanzieren. Sie stemmen die Nachfrage der Ausstiegswilligen. Und diese nimmt offenbar zu, einzelne NGOs müssen Anfragen von Sexarbeitenden ablehnen.
Das darf nicht sein. Es braucht mehr. Mehr Geld für bestehende Angebote. Und endlich mehr Engagement von Bund und Kantonen. Denn in der Realität ist Sexarbeit eben gerade nicht eine Arbeit wie jede andere. Wegen der Risiken. Einige Sexarbeitende sind von Armut betroffen, andere von Zwang. Und jüngste Milieustudien zeigen: Viele sind Gewalt ausgesetzt, durch Freier, Zuhälter, ausbeuterische Liebhaber – sogenannte Loverboys.
Gerade weil Sexarbeit hierzulande wenig reguliert ist, und deshalb Tausende von (meist) Migrantinnen in unser wohlhabendes Land lockt, stehen Bund und Kantone in der Verantwortung.