Kommentar zu Pro und Kontra in den Medien
Sagt doch eure Meinung, klar und deutlich

Um das Publikum nicht zu vergraulen, flüchten sich Zeitungen und Onlinemedien in Pro- und Kontra-Kommentare. Die Verwässerung ist ein Zeichen für Schwäche und Mutlosigkeit.
Publiziert: 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2025 um 16:43 Uhr
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Zunehmend hüten sich die Zeitungen vor einer dezidierten Meinung.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Zeitungen greifen vermehrt auf Pro-und-Kontra-Format zurück, um Meinungen darzustellen
  • Klare Meinungsäusserungen könnten Emotionen wecken und Diskussionen anregen
  • Durch das Abwiegeln wird die Leserschaft unterschätzt und nicht ernst genommen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Andreas SchmidInlandredaktor

Fast inflationär greifen Zeitungen auf ihren Meinungsseiten zur Form des Pro und Kontra. Nicht nur jetzt, da am 28. September Abstimmungen bevorstehen. Auch in umstrittenen aussen- und innenpolitischen Fragen breiten Redaktionen im ganzen Land zusehends nebeneinander das Dafür und das Dawider aus.

Warum? Wohl aus Angst, einen Teil des Publikums zu vergraulen. Um es allen recht zu machen und nicht als links oder rechts apostrophiert zu werden. Das ist nicht nur öd, es ist auch mutlos. Warum soll nicht jemand gut begründet schreiben, welchen Schluss er zieht, wofür er steht? Ohne Ideologie – einmal aus Überzeugung einer bürgerlichen, ein anderes Mal wohlüberlegt einer linken Position beipflichten. Das bringt die Chance mit sich, die Leserschaft zu überraschen, zu nerven oder für sich zu gewinnen. Kommentare sollen Emotionen wecken, Diskussionen starten, zum Nachdenken anregen.

Wer sagt, klare Meinungsäusserungen führten zu noch mehr Polarisierung, vergisst, dass sich die Fronten nicht mit begründeten Positionen verhärten, sondern mit aggressiven Beiträgen in sozialen Medien und Verunglimpfungen von Andersdenkenden. 

Ausgewogene Artikel, die verschiedene Positionen darlegen, sind wichtig und unverzichtbar. Aber auf den Meinungsseiten soll die Leserschaft eine Haltung spüren. Wer ihr nicht mehr zutraut, das Abstimmungsbüchlein selbst zu lesen oder sich in einer politischen Frage zu positionieren – unabhängig davon, was eine Redaktion schreibt –, unterschätzt sie. Und versteckt sich hinter Pro und Kontra.

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