In der Schweiz starben 2016 mit knapp 65'000 Personen deutlich weniger Menschen als im Jahr zuvor. (Symbolbild)
Foto: KEYSTONE/AP/Rodrigo Abd

Warum es am Ende plötzlich hell wird
Einmal Jenseits und zurück

Ob es ein Leben nach dem Tod gibt, ist Glaubenssache. Doch wie man stirbt, war seit jeher nicht nur eine religiöse, sondern auch eine soziale Frage, wie der Schriftsteller Claude Cueni schreibt.
Publiziert: 07.02.2019 um 23:08 Uhr
Claude Cueni

Dass der Mensch ein individuelles Verfalldatum hat wie jedes Nashorn und jedes Mandarinenjoghurt, ist höchst unerfreulich und für einige sogar besorgniserregend.

Seit Anbeginn der Zeit versuchten die Menschen die beschränkte Lebensdauer mit Hilfe religiöser Fantasien ins Unendliche zu verlängern. Sie glaubten an ein Leben nach dem Tod. Die Griechen legten den Verstorbenen eine Münze auf die Zunge, damit sie nicht als Schwarzfahrer ins Jenseits reisten und bei Charon, dem greisen Fährmann, ein Ticket für die Überfahrt lösen konnten.

Weit verbreitet war, dass man vornehmen Toten eine halbe Wohnungseinrichtung mit ins Grab legte, damit sie sich im Jenseits wieder standesgemäss einrichten konnten. In einigen Kulturen mussten auch Ehefrauen und Sklaven daran glauben. Sie wurden tot oder lebendig mitbegraben.

Im Mittelalter untersagte die Kirche luxuriöse Grabbeilagen. Das Geld, das die Angehörigen sparten, floss natürlich in die Taschen der Geistlichen. Für abgehaltene Seelenmessen.

Arme Menschen wurden in ihren Alltagskleidern auf einem Brett liegend bestattet. Tröstlich war der Glaube, dass einem im Jenseits zwar nicht 72 Jungfrauen erwarteten, aber doch die Annehmlichkeiten eines Fünfsternehotels mit Panoramablick und Roomservice.

Ob es ein Leben nach dem Tod gibt oder nicht, ist Glaubenssache. Einige berichten von Nahtoderfahrungen, viele sehen ein helles Licht am Ende eines Tunnels, doch ob sie dort eine Kuh oder ein gelbes Taxi erwartet, ist je nach Weltanschauung verschieden. Neurologen können heute das Phänomen im Labor reproduzieren. Nach Eintritt des Todes nimmt die Blutversorgung der Sehrinde ab, und das Gehirn produziert dieses grelle Licht. Auch dass man den eigenen Körper ausserhalb von sich selbst sieht, ist eine nicht ganz unbekannte Nebenwirkung einiger Medikamente.

Wer es sich heute leisten kann und an den Fortschritt der Medizin glaubt, setzt auf Kryonik, lässt sich Frostschutzmittel in die Arterien pumpen und seinen Körper bei minus 196 Grad einfrieren. In einem Edelstahl-Behälter wartet man, bis die Krankheit heilbar ist oder die Angehörigen die Container-Miete nicht mehr bezahlen.

Claude Cueni (63) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Kürzlich ist sein neuer Roman «Warten auf Hergé» erschienen. Cueni schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK.

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