Dringender Handlungsbedarf: Das Weltwirtschaftsforum WEF sieht die digitale Welt vor einer Vertrauenskrise. (Symbolbild)
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Professor Hengartner erklärt
Die grösste Gefahr in der Cybersecurity sind wir

Michael Hengartner ist Präsident des ETH-Rats – und damit so etwas wie der Chef-Forscher der Schweiz. In seiner Kolumne erklärt er Wissenswertes aus der Wissenschaft.
Publiziert: 22.02.2020 um 14:27 Uhr
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Aktualisiert: 24.02.2020 um 16:27 Uhr
Michael Hengartner (53) ist Präsident des ETH-Rats und neuer Kolumnist. Zuvor war der Biochemiker Rektor der Universität Zürich.
Foto: Nathalie Taiana
Michael Hengartner

Wir alle sind digital unterwegs. Fast jede und jeder besitzt einen oder sogar mehrere Computer, die mit dem Internet verbunden sind, seien diese auf dem Arbeitstisch, im Handy, in der Uhr, im Auto oder sogar in der Zahnbürste integriert. Viele digitale Informationen über uns geben wir durchaus freiwillig preis: Wir laden private Fotos auf Instagram und Facebook und teilen sie mit Familie, Freundeskreis oder gar der ganzen Welt. Andere Daten möchten wir privat behalten; zum Beispiel, wenn wir E-Mails schreiben oder E-Banking benutzen. Doch wie wissen wir, dass diese Daten sicher sind? Dass niemand auf sie zugreift, sie analysiert und weitergibt oder sie sogar gegen uns einsetzt?

Kürzlich haben kriminelle Hacker einen Transportbetrieb in der Schweiz angegriffen und alle Systeme blockiert. Sie verlangten einen hohen Betrag als Lösegeld. Die digitale Welt ist offensichtlich eine spannende, aber auch eine unsichere Welt.

Was kann man tun? Auf digitale Kommunikationsmittel und Dienstleistungen zu verzichten, ist keine zukunftsorientierte Lösung. Also bleibt nichts anderes übrig, als geeignete Sicherheitsmassnahmen zu ergreifen. Jedes Land, jede Firma, jede Person muss lernen, sich gegen Angriffe im Cyberspace zu schützen – gleich wie wir vor vielen Jahrtausenden gelernt haben, uns in der realen Welt gegen Gewalt und Diebstahl zu wehren.

In der realen Welt sind nicht alle Länder gleich sicher. Eine hohe Sicherheit, wie wir sie zum Beispiel in der Schweiz kennen, ist nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger attraktiv, sie ist auch ein klarer Standortvorteil im globalen Wettbewerb.

Wie sieht es in der digitalen Welt aus? Ich bin überzeugt, auch hier wird es einen Wettbewerb geben. Und wie kann die Schweiz diesen gewinnen? Mindestens drei Elemente werden zu einer hohen Sicherheit beitragen, die Hardware, die Software und die «Humanware», sprich die Menschen.

Humanware? Ja, absolut, denn Sicherheit ist nicht nur eine technologische Frage. Das schwächste Glied in der Sicherheitskette ist oft weder die Hardware noch die Software, sondern der Mensch, der die Gefahr nicht erkennt und durch sein Verhalten dem (Cyber-)Feind ein Einfallstor bietet. Troja lässt grüssen …

Gleich wie wir seit eh und je unsere Kinder auf die Gefahren der realen Welt vorbereiten, müssen wir alle lernen, uns in der virtuellen Welt vorsichtig(er) zu bewegen. Die Schulen haben die Herausforderung erkannt, die Lehrpläne werden angepasst. Auch auf Hochschul-Stufe gibt es Bewegung. So bieten die ETH Zürich und die EPFL neu einen Masterstudiengang in Cybersecurity an.

Aber wie sieht es aus mit uns, denjenigen, die schon lange aus der Schule «entlassen wurden»? Hier gilt es, sich weiterzubilden! Die Schweiz muss sich für die digitale Transformation fit machen. Stichwort: lebenslanges Lernen.

Angebote gibt es zum Glück immer mehr. Die Extension School der EPFL, der Verein digitalswitzerland, verschiede Berufsverbände präsentieren auf ihren Webseiten einen ganzen Smörgåsbord an attraktiven Kursen und Programmen. Nun gilt es, zuzugreifen – en Guete!

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