M. Prix Stefan Meierhans kämpft für Konsumenten
50 Franken statt 6 Stutz? Gohts no?

Faire Preise für Medikamente, das ist auch in der Schweiz machbar. Deshalb sollten die heilenden Wirkstoffe und ihre Preise das zentrale Thema bei der Vergütung von Medikamenten sein, sagt der Preisüberwacher.
Publiziert: 19.10.2020 um 16:43 Uhr
Preisüberwacher Stefan Meierhans.
Foto: Keystone
Stefan Meierhans, Preisüberwacher

Eigentlich liegt die Sache auf der Hand: Die Preise für Medikamente in der Schweiz sind zu hoch. Holland wird immer wieder als Beispiel für tiefe Generikapreise genannt, aber Beispiele findet man auch in vielen anderen Ländern, zum Beispiel Dänemark: Der bekannte Magensäureblocker Pantoprazol kostet bei uns (100 Stück, 40 mg) über 50 Franken, in Dänemark hingegen kann man die gleiche Packung für rund sechs Franken kaufen. Oder eine 100er-Packung Atorvastatin (40 mg), ein Medi zum Senken des Cholesterinspiegels, kostet in Dänemark ebenfalls etwa sechs Franken – in der Schweiz jedoch um die 70 Franken. Das ist doch nicht normal, sagen Sie sich vielleicht. Aber: Das sind leider keine Einzelfälle.

Die Wurzel des Übels liegt im heutigen System der Medikamentenpreis-Festlegung und der Vielzahl von Fehlanreizen im System. Nehmen wir zum Beispiel die Abstandsregel für Generikamedikamente. Sie besagt, dass alle in der Schweiz verkauften Generika einen Preisabstand zum Originalprodukt einhalten müssen. Leider ist dieses Instrument nicht geeignet, wie man an den überteuerten Generikapreisen feststellen kann. Ein anderer Fehlanreiz sind die Vergütungen an Apotheker und Ärzte. Sie erhalten neben dem Packungszuschlag auch eine Prozentmarge auf den Fabrik-Abgabepreis. Weil 12 Prozent von 100
Franken mehr sind als 12 Prozent von 50 Franken, ist der immer noch sparsame Einsatz von vergleichsweise günstigen Medikamenten ebenso logisch wie einfach erklärt. Der Wirkstoff heilt. Aber solange die Grundversicherung teure Versionen genauso bezahlt wie günstige, ist der Anreiz zur Nutzung der günstigen Variante, die gleich gut wirkt, auch bei den Patienten ein kleiner.

Die Problemliste ist lang und teuer. Viele Hunderte Millionen Franken liessen sich sparen, wenn man die Medikamentenpreise in der Schweiz auf ein Normalmass trimmen würde und die Grundversicherung nur Medikamente zahlen würde, die dem Wirkstoff entsprechend angemessene Preise haben.

Das Rad neu erfinden muss man nicht, denn das in über 20 europäischen Ländern verwendete Referenzpreissystem würde sich auch für uns bestens eignen. Es basiert auf einer Maximalvergütung für Wirkstoffe. In der Produkt- und Preisgestaltung sind die
Unternehmen weitgehend frei. Für Medikamente, die preislich über der Maximalvergütung liegen, müsste zugezahlt werden. Zuwachs bei den günstigen sowie Absatzprobleme bei den teureren Alternativen wären die vorhersehbare und durchaus wünschenswerte Folge.

Eine solche Änderung ist natürlich nicht nach dem Gusto der Pharmabranche. So wird die Angst geschürt, dass Patienten «ihre» Medikamente nicht mehr erhalten können. Doch den Ärztinnen und Ärzten soll es möglich sein, direkt ein Originalmedikament oder ein bestimmtes Generikum zu verschreiben, wenn es therapeutisch notwendig und sinnvoll ist. Auch die Versorgungssicherheit wird ins Feld geführt. Erinnern wir uns: Trotz unserer Schweizer Preise haben wir, wie alle anderen, zu Beginn der Pandemie an Masken- und Hilfsmaterialmangel gelitten. Teilweise waren auch Medikamente knapp. Und wir standen
wie der Rest der Welt in der Warteschlange. Aussergewöhnliche Massnahmen wurden bei uns und in anderen Ländern getroffen. Deshalb bringt es aus meiner Sicht auch nichts, auf Dauer ein Vielfaches zu zahlen, denn es garantiert eine bevorzugte Versorgung in Zeiten der Not nicht.

Das Referenzpreissystem hat sich in vielen Ländern bewährt und sichert den Zugang zum heilenden Wirkstoff. Ausserdem stärkt es den Preiswettbewerb unter den Herstellern und gibt Anreize für den Kauf günstiger Präparate. Unsere Krankenkassenprämien würden es uns danken. Und unsere Therapien blieben genau gleich gut wie bisher!

Es ist Zeit, mit dem Melken der Schweizer Patientinnen und Patienten endlich Schluss zu machen!

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