Heute habe ich eine fast schon unglaubliche Geschichte zu berichten. Was ist passiert? Ein Hausarzt meldete sich bei mir. Er schreibt von einer Patientin, die in Folge eines Schlaganfalls ein bestimmtes Medikament einnehmen muss. Das Medikament braucht die Frau regelmässig, das ist unbestritten, und es wird auch von der obligatorischen Krankenversicherung bezahlt.
Also «alles in Butter» – meint man. Doch leider ist hier genau gar nichts in Butter, denn die Krankenkasse bzw. der zuständige Vertrauensarzt lehnt die Kostenübernahme ab. Ein Fehler? Augenscheinlich, aber nicht seitens der Krankenkasse. Denn sie darf nur vergüten, was vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) als kassenpflichtiges Medikament taxiert wurde. Das benötigte Medikament ist es, aber nur – und das ist kein Witz – in den Packungsgrössen von 56 bzw. 168 Tabletten. Die Packung mit 100 Tabletten hingegen ist nicht auf der Vergütungsliste aufgeführt und wird demnach – so argumentiert die Kasse – auch nicht vergütet.
Dem Arzt der Frau war dies nicht bekannt, deshalb verschrieb er die 100-Stück-Packung. In der Folge soll nun die Patientin auf Kosten von fast 2000 Franken sitzen bleiben.
Leider hat diese Paragrafenreiterei System, denn mir sind weitere Fälle bekannt, in denen das Bundesamt für Gesundheit darauf drängt, dass nur die gelisteten Packungsgrössen vergütet werden. Man kann natürlich argumentieren, dass die Behandlungsdauer mit der Packungsgrösse korrespondieren soll, damit nicht mehr Kosten als nötig generiert werden. Das finde ich auch grundsätzlich sehr richtig. Nur stellt sich die Frage, ob die Vergütung von ausgewählten Packungsgrössen das geeignete Mittel zum Zweck ist.
In Zeiten der Digitalisierung könnte ich mir durchaus Lösungen, die weniger fehleranfällig sind, vorstellen. Aber bleiben wir im Hier und Jetzt: Naheliegend ist aus meiner Sicht, dass die Ärzte die richtige Tablettenanzahl für einen bestimmten Patienten abschätzen können und eine passende Packungsgrösse verschreiben. Wir alle sind uns bewusst, dass eine kostenbewusste Medikamentenverschreibung notwendig ist. Willkürliche Packungsgrössenentscheide, die weder für Ärzte noch für Patienten nachvollziehbar sind, sind keine tragfähige Lösung. Im Gegenteil: Die mangelnde Nachvollziehbarkeit provoziert nur einen Papierkrieg zwischen Patienten, Krankenkassen und Ärzten und generiert so zusätzliche Kosten.
Mein Fazit ist deshalb: Wenn eine bestehende Lösung den Job nicht tut, dann muss man über die Bücher. Das Problem auf die Patientinnen und Patienten abzuschieben, ist keine akzeptable Lösung!