So. Sommerferien. Statt vor dem Fernseher oder dem Computer hängt man am einen oder anderen Bergsee und liest. Zeit, mit den Netflix-Besprechungen aufzuhören und sich Büchern zu widmen. Respektive einem Schweizer Autor, der in Serie überraschende Krimis schreibt: Sunil Mann (48).
Träfe Charaktere, träfe Sprüche
Mit seinem indischstämmigen Privatdetektiv Vijay Kumar, der aus dem Zürcher Kreis 4 vom Milieu bis zur Hochfinanz alles aufmischt, gab Mann vor zehn Jahren sein schmissiges Debüt – seither erscheinen im Jahrestakt oft preisgekrönte Kumar-Bücher.
Im April erschienenen Buch «Der Schwur» etabliert Mann ein neues Ermittlerpaar – und zwar genauso urban, wie es bereits Kumar ist. Marisa Greco ist alleinerziehende Flugbegleiterin, die das Saftschubsen satt hat. Der albanischstämmige Bashir Berisha steht sich an der Tür eines Clubs die Beine in den Bauch und muss zwischen partywütigen Aggro-Koksern für Ruhe sorgen.
Keine Ahnung, viel Gefahr
Beiden reichts, gemeinsam eröffnen sie eine Detektei. Erfahrung? Null. Plan B? Gibts nicht. Schon in ihrem ersten Fall bekommen sie es mit Zwangsprostitution und Menschenhändlern zu tun. Bei aller (manchmal gar) schmissiger Schreibe und allen unterhaltsamen Kniffen, die Mann aus dem Handgelenk beherrscht: Die Qualität dieser Krimis liegt auch darin, dass Mann uns eine gefährliche Schweiz zeigt, die real parallel existiert, auch wenn der Normalschweizer friedlich am Bergsee oder am Strand liegt.
Bleibt nur die Frage: Warum hat das Schweizer Fernsehen Herrn Mann eigentlich nicht als Drehbuchautor der neuen «Tatorte» verpflichtet? Wink. Zaunpfahl.
Sunil Mann: «Der Schwur», Grafit Verlag
Wertung: Vier von fünf