Kolumne «Weltanschauung» von Giuseppe Gracia
Politisch korrekte Oscars

Dieses Jahr hat jeder Film noch eine Chance. Ab 2022 jedoch nominiert die Oscar-Academy nur noch politisch korrekte Produktionen. Es ist völlig in Ordnung, Ausgrenzung und Diskriminierung zu bekämpfen. Im Fall von Hollywood aber ist der Aktivismus scheinheilig.
Publiziert: 15.03.2021 um 07:29 Uhr
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Giuseppe Gracia, Medienbeauftragter des Bistums Chur.
Foto: Thomas Buchwalder
Giuseppe Gracia

In Hollywood werden heute die Nominationen für die Oscars 2021 bekannt gegeben, unter besonderen Umständen. Nicht nur, weil coronabedingt auch Filme ins Rennen gehen, die nie im Kino gelaufen sind, die am TV oder über einen Streamingsdienst zu sehen waren. Sondern auch deshalb, weil die Oscar-Academy beschlossen hat, ab 2022 nur noch politisch korrekte Filme zu nominieren. Nur noch «beste Filme», die eine Politik der Inklusion und Diversität betreiben, die Minderheiten oder diskriminierte Gruppen in wichtigen Rollen präsentieren (Schwarze, Latinos, Frauen, Homosexuelle, Transgender, Pansexuelle usw.).

Es spricht nichts dagegen, wenn eine einflussreiche Show in den nächsten Jahren gegen Ausgrenzung und Diskriminierung kämpft.

Im Fall von Hollywood, mit seinen Drogen- und Sexskandalen, mit dem gigantischen Millionärs-Narzissmus der Stars und Sternchen, ist das Ganze aber scheinheilig.

Eine auf Lügen aufgebaute Märchen- und Hochglanz-Industrie tut so, als habe sie gegenüber uns Zuschauenden eine moralische Mission, eine moralische Autorität. Dabei geht es eher um zeitgeistige Selbstdarstellung. Wenn es die Academy ernst meinen würde mit einer neuen Minderheiten- und Genderpolitik, müsste man nicht nur auf neue Weise «beste Filme» auszeichnen, sondern allgemein neue Kategorien einführen. Trotzdem hält man auch ab 2022 am traditionellen Konzept von Mann und Frau fest: beste männliche, beste weibliche Darstellung. Wo bleiben die Preise für die beste schwarze Schauspielerin, den besten Latino-Nebendarsteller? Die beste homosexuelle Hauptrolle, die beste pansexuelle Nebenrolle, das beste lesbisch-mexikanische Drehbuch, die beste transsexuelle Regie?

Filmsternchen ohne Gendersternchen

Es gäbe viele neue, bunte Kategorien, die man einführen müsste. Doch das wird Hollywood nicht tun. Denn welche gefeierte Schauspielerin, welcher gefeierte Schauspieler möchte das Rampenlicht teilen mit ganz vielen neuen Geschlechtsidentitäten? Mit vielen neuen Kategorien, die dann alle gleich viel Aufmerksamkeit bekommen, bis dem Publikum am Ende schwindlig ist, bis niemand mehr sagen kann, wer und was da alles ausgezeichnet wurde.

So wird man wohl ganz überschaubar bei der traditionellen «besten Schauspielerin», beim traditionellen «besten Schauspieler» bleiben, um diese dann als neue Filmsternchen zu feiern. Ganz ohne Gendersternchen.

Giuseppe Gracia (53) ist Schriftsteller und Kommunikationsberater. Sein neuer Roman «Der letzte Feind» ist im Fontis Verlag, Basel erschienen. Er schreibt jeden zweiten Montag im BLICK.

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