Kolumne von Stefan Meierhans
Was Reisende zu angemessenen Preisen beitragen können

Die Digitalisierung im öffentlichen Verkehr bringt Kosteneinsparungen. Während Billettkäufe am Schalter oder im Bus teuer sind, senken digitale Kanäle die Kosten erheblich. Diese Einsparungen könnten zu günstigeren ÖV-Preisen für Reisende führen.
Publiziert: 15:51 Uhr
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Aktualisiert: 16:05 Uhr
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Einige Vertriebsverbunde sind dabei, alte Billett-Automaten entweder nicht mehr zu ersetzen oder solche, die sehr wenig benutzt wurden, abzubauen.
Foto: Pius Koller
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Stefan MeierhansPreisüberwacher

«Ich glaube an das Pferd». Dieser Satz soll vom deutschen Kaiser Wilhelm stammen und dokumentiert seine Skepsis gegenüber dem damals neuen Automobil. Dem Auto war es wohl egal, es war der Inbegriff des Fortschritts und bahnte sich unaufhaltsam seinen Weg in die Garagen.

Warum erzähle ich Ihnen das? Weil es eine menschliche Reaktion auf Veränderung ist, die vielleicht nachvollziehbar, aber nicht immer vernünftig ist.

Nehmen wir die Digitalisierung im ÖV, und da ganz konkret den Billettkauf. Auf sieben verschiedene Arten konnte bzw. kann man ÖV-Billette erstehen. Die Palette erstreckt sich vom bedienten Schalter über den Verkauf durch das Buspersonal bis hin zum Automaten.

Na und – mag der eine oder andere denken. Aber bedenken Sie: So viele unterschiedliche Vertriebskanäle kosten Geld – das ist teuer. Gemäss einem grossen Tarifverbund kostet der reine Verkauf eines Billetts am Schalter – ohne die eigentliche Fahrt – mehr als 6 Franken. Verkauft Ihnen ein Busfahrer ein Billett, ist es immer noch mehr als ein Franken, am Automaten kostet es einen Franken. Nutzen Sie hingegen die digitalen Kanäle, dann sinkt der Preis in den Rappenbereich. Ich denke, das ist ein guter Teil der Antwort auf die Frage, was die Reisenden zu angemessenen ÖV-Preisen beitragen können.

Einige Vertriebsverbunde sind dabei, alte Automaten entweder nicht mehr zu ersetzen oder solche, die sehr wenig benutzt wurden, abzubauen. Ein Verkehrsbetrieb informiert derzeit seine Kundschaft mittels eines Klebers am Automaten über den Abbau, zeigt ihnen Alternativen auf und informiert, dass die Automaten im Durchschnitt nur knapp 8 Billette täglich ausgegeben haben. Wenn man bedenkt, dass sie in der Anschaffung viele Tausend Franken kosten, eine begrenzte Lebensdauer haben und regelmässig teuer gewartet werden müssen, dann ist das wirtschaftlich eine sinnvolle Entscheidung, die hilft, fast mehrwertlose Ausgaben einzusparen. Wenn die Reisenden für ihre Bereitschaft, die günstigen Kanäle zu nutzen, mit tieferen Preisen oder einem Verzicht auf weitere Erhöhungen belohnt werden, ist das aus meiner Sicht ein fairer Deal.

Die digitalen Angebote im ÖV sind beliebt und werden rege nachgefragt. Die meisten Abonnemente sind mittlerweile digital erhältlich, und auch die Mehrzahl der Einzelfahrausweise wird auf diese Weise bezogen. Übrigens auch von älteren Menschen – das zeigt etwa die starke Nachfrage dieser Altersgruppe nach den ausschliesslich digital erhältlichen Sparbilletten.

Trotz allem sage ich auch deutlich, dass es eine gute Alternative zu den digitalen Kanälen braucht. Denn es wird immer Menschen geben – denken wir zum Beispiel an Kinder – die ÖV fahren, aber die digitalen Kanäle nicht nutzen können. Eine attraktive Abo-Welt für unbegleitete Kinder und beispielsweise eine Prepaid-Guthabenkarte, die für alle erhältlich wäre, könnten aus meiner Sicht mögliche Lösungen sein. Da man offenbar noch nicht ganz so weit ist, haben sich einige Verbunde entschieden, die Mehrfahrtenkarte zum Abstempeln doch noch nicht abzuschaffen.

Die Schweiz ist ein ÖV-Land, und das soll so bleiben. Wir können alle dazu beitragen, dass sich der ÖV entwickeln kann, bezahlbar bleibt und für alle da ist. Gebraucht werden zeitgemässe und erschwingliche Angebote, aber auch Offenheit für Veränderungen. Das Rezept ist simpel: Ehrlich über Kosten reden und Ersparnisse fair teilen.

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