Kolumne von Stefan Meierhans
Ambulant statt stationär – wir sind zu spät dran

Um ein Drittel sind unsere Gesundheitskosten in acht Jahren (2015 bis 2023) gestiegen – ein Ende ist nicht in Sicht.
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In der Schweiz sollen mehr Behandlungen ambulant statt stationär durchgeführt werden.
Foto: Keystone
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Stefan MeierhansPreisüberwacher

Das Portemonnaie vieler Leute, die die immer höheren Gesundheitskosten bezahlen müssen, ist leer. Immerhin ist schon ein Drittel der Bevölkerung auf Hilfe in Form von Prämienverbilligungen angewiesen. Wo führt das noch hin, fragen Sie? Möglichst schnell zur Nutzung aller Sparpotenziale, die keinen Einfluss auf die Behandlungsqualität haben – finde ich.

Eines wäre, mehr ambulante statt stationäre Behandlungen durchzuführen: Mehr Eingriffe sollen im Tagesbetrieb stattfinden statt mit Spitalübernachtung. Dass das nicht längst geschehen ist, ist eigentlich unverständlich: Die ambulanten Eingriffe sind günstiger und schonender, und häufig erlauben sie auch eine raschere Rückkehr in den Alltag.

Das ist keine neue Erkenntnis. Die Schweiz kommt dabei aber nur im Schneckentempo in die Gänge: Seit 2019 werden zwar bestimmte Operationen nur noch dann von der Krankenkasse bezahlt, wenn sie ambulant durchgeführt werden. Aber im internationalen Vergleich liegen wir trotzdem weit zurück.

Woran liegts also? Ein Teil der Antwort ist, dass die Spitalplanung primär kantonal und nicht national gemacht wird. Das führt zu Überkapazitäten – zu viele Betten – und zu längeren Aufenthaltsdauern; schliesslich müssen die Spitäler ihre Auslastung sichern.

Hinzu kommen finanzielle Fehlanreize: Stationäre Behandlungen werden nämlich häufig besser vergütet als ambulante. Zudem übernehmen die Kantone (zumindest noch zwei Jahre lang) mehr als die Hälfte der stationären Kosten, aber keine ambulanten. Für Spitäler wie auch Krankenkassen besteht daher kaum ein Anreiz, die ambulanten Behandlungen zu fördern.

Was sollte also getan werden? Ich habe fünf konkrete Vorschläge:

  • Wir erweitern die Liste der ambulant durchzuführenden chirurgischen Eingriffe deutlich
  • Wir schaffen gezielt gute ambulante Angebote und verringern im Gegenzug den Umfang, der dann nicht mehr benötigten stationären Kapazitäten
  • Wir planen die Versorgung national, um Doppelspurigkeiten zu vermeiden
  • Wir überwachen, wie sich die Nutzung und die Kosten entwickeln
  • Die Spitaltarife müssen so angepasst werden, dass es sich für die Spitäler nicht mehr lohnt, eine Behandlung unnötigerweise stationär durchzuführen, wenn es auch ambulant ginge.

Und nicht zuletzt lohnt es sich immer, zu schauen, was der Rest der Welt macht und zu prüfen, ob gute Ideen dabei sind, die auch auf uns angepasst werden könnten.

Ambulant statt stationär lohnt sich – für die Menschen und fürs Portemonnaie. Genau solche Reformen brauchen wir. Einverstanden?

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