Kolumne «Geschichte»
Pfeffer auf dem Mond

Redewendungen fallen nicht vom Himmel. Sie fallen jemandem ein, inspiriert durch das Leben. Kolumnist Claude Cueni über den Zusammenhang von Pfefferland und Globalisierung.
Publiziert: 02.05.2019 um 23:43 Uhr
Schriftsteller und BLICK-Kolumnist Claude Cueni.
Claude Cueni

Wenn eine Nervensäge im Mittelalter die Geduld seiner Mitmenschen strapazierte, wünschte man ihn ins Pfefferland. Man nahm irrtümlicherweise an, dass das Land, wo der Pfeffer wächst, am weitesten entfernt ist.

Pfeffer war damals unglaublich teuer, weil er auf einer monatelangen und gefährlichen Reise von Arabern und Venezianern auf dem Landweg von Indien nach Europa transportiert wurde. Nur vermögende Leute konnten sich Pfeffer leisten, also Adel und Klerus. Man nannte sie deshalb abschätzig «Pfeffersäcke». Das Gewürz war ein Statussymbol, zeitweise eine Zweitwährung, die mit Gold aufgewogen wurde. Wer also in Europa Pfefferkörner kaufen wollte, bezahlte eine «gepfefferte Rechnung».

Den Senf dazugeben

Arme Leute, und das waren damals die meisten, würzten ihre Speisen mit Senfbrühe. Diese wurde so eifrig benutzt wie heute Ketchup. Zu jedem Essen «gab man seinen Senf dazu», auch das eine häufige Redewendung heute.

Die ewigen Rivalen Spanien und Portugal teilten sich die Welt und wollten über das Meer die legendären Gewürzinseln erreichen. Der portugiesische Seefahrer Vasco da Gama fuhr der afrikanischen Küste entlang und entdeckte die Route nach Indien. Sein Landsmann Magellan fuhr hingegen für den Erzfeind Spanien Richtung Westen und fand die Passage zum Pazifik. Im September 1519 war er mit fünf Schiffen und 234 Männern aufgebrochen, nach knapp drei Jahren kamen 18 Überlebende zurück, vier Schiffe waren gesunken, aber das letzte war voll beladen mit Pfefferkörnern, Muskat und Zimt im Wert von 500 Golddukaten. Das entsprach den hundertfachen Expeditionskosten.

Asien vor der Haustür

Magellan hatte nichts davon. Der philippinische Stammesfürst Lapu-Lapu hatte ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht beziehungsweise einen Speer durch die Brust gebohrt.

Magellans erste Weltumsegelung war der Auftakt zur blutigen Christianisierung Südostasiens und der Vorabend der Globalisierung. Mittlerweile liegt Asien vor der Haustür.

Deshalb wünscht man sich heute nervige Menschen nicht mehr ins Pfefferland, sondern auf den Mond. Es ist allerdings fraglich, ob es dort oben genügend Platz gibt.

Claude Cueni (63) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK.

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