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Kolumne «Geschichte»
Dinner für alle

Street-Food-Festivals gab es schon immer – ohne Garküchen hätten die Menschen früher nur kalt essen können.
Publiziert: 25.07.2019 um 23:13 Uhr
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Schriftsteller und BLICK-Kolumnist Claude Cueni.
Foto: Thomas Buchwalder
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Claude CueniSchriftsteller

Kaiser Domitian, ein paranoider Rambo der römischen Antike, führte nicht nur Krieg gegen iranische Reitervölker, korrupte Beamte, Atheisten, lesbische Priesterinnen und homosexuelle Senatoren, sondern auch gegen den Dichtestress in Roms Gassen. 

Die zahlreichen Garküchen erschwerten ein Durchkommen. Es war nicht die Qualität der gesalzenen Erbsen und Gemüsesuppen, die beinahe die ganze Bevölkerung zu den Strassenkantinen trieb, sondern der Umstand, dass die Unterschicht in ihren kleinen Mietwohnungen keine Feuerstellen zum Kochen hatte und Brennholz eh den Reichen vorbehalten war. Wollte man eine warme Mahlzeit, war man auf die privat betriebenen Imbissbuden angewiesen.

Hungrige Römer, heisse Hunde

Garküchen breiteten sich entlang der Handelswege aus. An Grossanlässen wie den Spielen im Circus Maximus oder an den Olympischen Spielen waren die Fleischspiesse und Pasteten nicht mehr wegzudenken. Beim Bau des Regensburger Doms vor 700 Jahren versorgten bereits «dampfende Würstchenbuden» die Bauarbeiter. Zwischen zwei Brothälften eingeklemmt wurde der Imbiss später zum Hotdog. 

Die Geschichte der antiken Garküchen bis zur McDonald's-Systemgastronomie zeigt die Veränderungen in der Ernährung einer zunehmend mobilen Gesellschaft.

Sehnsucht nach Exotik

Da wir uns heute einbilden, immer weniger Zeit zu haben und googeln müssten, wie man ein Spiegelei brät, sind Strassenküchen auch in der westlichen Welt wieder im Trend. Sie stillen unsere Sehnsucht nach exotischen Ferienzielen, wo Street Food immer noch zum Stadtbild gehört wie damals im alten Rom.

Ärger macht den Freiluft-Gastronomen nicht mehr der Kaiser, sondern der Dichtestress im Paragrafen-Dschungel einer regulierungswütigen Bürokratie.

Behörden-Flop in Bangkok

Als die thailändische Regierung vor zwei Jahren die Strassenküchen in Bangkok verbot, musste sie bereits am nächsten Tag zurückkrebsen. Denn günstiger Street Food ist für die Bevölkerung Asiens unverzichtbar.

Und Kaiser Domitian? Hatte er Erfolg? Er wurde ermordet, nicht von einer zornigen Strassenköchin, sondern von freigelassenen Sklaven und Gladiatoren. Im Auftrag seiner Ehefrau Domitia Longina, die zu Recht um ihr Leben fürchtete.

Claude Cueni (63) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Er schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK.

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