Rote Linie überschritten
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Helmut Hubacher «Der Alte»:Rote Linie überschritten

Kolumne «Der Alte»
Rote Linie überschritten

Die SP braucht einen Generationenwechsel, um wieder aufmüpfiger zu werden. Deshalb plädiert der frühere SP-Präsident Helmut Hubacher für das Duo Cédric Wermuth und Mattea Meyer.
Publiziert: 10.03.2020 um 22:59 Uhr
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Aktualisiert: 11.03.2020 um 16:23 Uhr
Helmut Hubacher, Ex-Chef SP Schweiz.
Foto: Thomas Buchwalder
Helmut Hubacher

Seit den Wahlen vom 20. Oktober 2019 hat die SP im Nationalrat 39 Sitze. Bei den ersten Proporzwahlen von 1919 waren es 41. Nach hundert Jahren sind es erstmals weniger.

Damit ist die rote Linie überschritten. In den zwei grössten Kantonen Bern und Zürich sind die Verluste am massivsten. Die SP steckt in einem Formtief. Am nächsten, verschobenen Parteitag wird ein neues Präsidium gewählt. Es kandidieren zwei Teams für ein Co-Präsidium.

Liebeserklärung an die SP

Ich plädiere für einen Generationenwechsel. Wie die Schülerinnen und Jugendlichen der Klimabewegung sich global vernetzt haben, war eine Weltpremiere auf höchstem digitalen Niveau.

Junge sind auch in der Politik gefragt. Deshalb unterstütze ich Cédric Wermuth und Mattea Meyer. Sie haben ihre Visitenkarte deponiert. Als sie die Juso zur stärksten Jungpartei im Land formierten. Der Talentschuppen der SP.

Ihr Programm «Aufbruch» ist eine Liebeserklärung an die SP. Was sie der Partei nicht alles zutrauen, ist sagenhaft. In der Politik darf man träumen. Von einer besseren Welt. «Wer keine Visionen hat, ist kein Realist», sagte Ben Gurion, SP, Gründer von Israel.

Peter Bichsel reklamiert schon lange, eidgenössische Politik werde fast nur noch von der Fraktion im Bundeshaus gemacht. Als ob sie die Partei wäre. Meyer/Wermuth haben den Ball aufgenommen. Mitglieder, Sympathisanten, Wählerinnen sollen aktiviert, Sektionen und Kantonalparteien aufgewertet werden. Das ist doch schon ein vernünftiger pragmatischer Ansatz.

Es braucht das Aha-Erlebnis

Ein neues Präsidium bekommt viel Vertrauen als Startkapital. Verbunden mit hohen Erwartungen. Die neuen Treuhänder der Partei haben die Chance, in diesen Vertrauensjob hineinzuwachsen. Die SP ist ein sensibles Wesen. Es streiten sich der linke und der rechte Flügel. Die Radikalen gegen die Mässigeren im kreativen Dauerdisput. Das funktioniert nur mit viel Geduld.

Die SP darf ruhig aufmüpfiger werden. Sie droht langweilig zu sein. Mir fehlt das Überraschende, das Aha-Erlebnis. Politischer Schwerpunkt ist der Überlebenskampf gegen die Klimakrise.

Jacqueline Badran kandidiert exklusiv für Wermuth/Meyer als Vize. Sie ist wirtschaftspolitisch besonders kompetent. Und erzählt politische Geschichten hinreissend. Als Vize ist die Nationalrätin ein Geschenk.

Helmut Hubacher (93) war von 1975 bis 1990 Präsident der SP Schweiz. Er schreibt jeden zweiten Mittwoch im BLICK.

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