Stellen Sie sich mal vor, Sie könnten die Hälfte der Menschheit davon überzeugen, dass sie ein ganz besonderes Talent dafür hat, Geschirr zu spülen, Windeln zu wechseln, Staub zu wischen – wie unglaublich praktisch wäre das für die andere Hälfte.
Jetzt, wo alle zu Hause sitzen, ist die hohe Zeit der Haushaltskriege, und die Muster der traditionellen Rollenteilung treten besonders hervor. Oder ist «Fair Play» etwa nichts für Sie?
So heisst das bisher nur auf Englisch erschienene Buch der Organisationsspezialistin Eve Rodsky, die Männer dazu bringen möchte, im Haushalt vermehrt ihren Pflichten nachzukommen.
Wir nehmen doch nie Dijon-Senf!
Vielleicht tun Sie das ja bereits. Aber was können Sie dafür, wenn Ihre Frau so unglaublich hohe Erwartungen punkto Sauberkeit hat, dass Sie es ihr mit dem Wischlappen nie recht machen können? Und was können Sie dafür, dass ein paar Spinnweben an der Decke oder ungewaschene Socken auf dem Fussboden auch für Sie zum Problem werden – aber erst, nachdem Ihre Frau sie längst weggeräumt hat?
Einkaufen? Klar, machen Sie. Und dann heisst es: «Dijon-Senf? Den nehmen wir doch nie! Der ist doch viel zu scharf!» Auch zur Kindererziehung würden Sie gerne mehr beitragen. Aber Stundenpläne, Hausaufgaben, Geburtstagsgeschenke – bei solchen Dingen hat Ihre Frau die Übersicht, was sollen Sie sich da einmischen?
All diese faulen Ausreden sind nur zum Teil faul, schreibt Eve Rodsky. Weil Frauen oft freiwillig Arbeiten übernehmen, ohne sie als solche zu betrachten. Rodsky hat viele Paare befragt und festgestellt: Wenn man einen hart arbeitenden Mann fragt, warum er sein Kind nicht zum Zahnarzt bringe, antwortet er, weil er keine Zeit habe. Wenn man seine ebenfalls hart arbeitende Frau fragt, wie sie es schaffe, ihr Kind zum Zahnarzt zu bringen, sagt sie: «Ich finde Zeit.»
Wofür finden Sie Zeit?
Natürlich kann man Zeit nicht «finden». Wer Zeit «findet», hat schlicht weniger Zeit für anderes. Und obwohl es offensichtlich ist, dass ein Tag 24 Stunden hat, für sie wie für ihn, wird die Zeit einer Frau offenbar gerne als unendlich betrachtet, wie Sand, und die eines Mannes wie Gold.
In Zeiten von Corona gerät alles durcheinander. Eine gute Gelegenheit, um endlich einmal darauf zu achten, wer wofür Zeit findet. Alles werde gut.
Ursula von Arx schimpft regelmässig mit ihrer putzfaulen Familie. Und findet leider selber viel zu viel Zeit fürs Staubsaugen. Sie schreibt jeden zweiten Montag im BLICK.