Sie protestieren in Baumhütten im Dannenröder Forst in Hessen, sie besetzen den Bundesplatz in Bern. Sie sind voller Wut und voller Frust. Und zwar nicht nur über die etablierte Politik im Allgemeinen, sondern speziell über diejenigen, die eigentlich ihre Verbündeten sein müssten: «Nie wieder die Grünen!», schrieben die deutschen Umweltaktivisten auf Transparente. Im Kampf gegen den Ausbau der A49 fühlen sie sich von ihren Abgeordneten hochgradig verraten. Da sitzen die in der Regierung und tragen doch jeden Blödsinn mit, wider Willen zwar, aber trotzdem.
Auch die Schweizer Klimabewegung ist empört. Auch sie greift jene an, mit denen sie im Grunde einig ist. Auch sie sieht sich «von den linken Parteien benutzt und belogen», wirft ihnen «leere Worthülsen» vor und dass sie «nur den politischen Konsens» forderten und nicht das, «was nötig» wäre. Das neue, von den Grünen mitverabschiedete CO2-Gesetz? Lebensgefährlich lahm.
Was gut ist: Die Klimabewegung macht wieder von sich reden.
Subito oder du bist der Gegner
Was fraglich ist: Sie teilt alle und alles in Gut und Böse ein. Das ist ziemlich simpel und stellt Erreichtes in Frage. Die Klimabewegung erhebt Forderungen, und wer diese nicht subito erfüllt, wird zum Gegner erklärt. Schwarz oder weiss, radikal oder ignorant, das Klima retten oder mehrheitsfähige Politik machen, alles oder nichts.
Und wenn die Demonstrierenden dann in die Hände der Polizei gelangen, werden sie in ihrer Selbstgerechtigkeit vollauf bestätigt. Dass dabei der Schwerpunkt der öffentlichen Diskussion verschoben wird, nehmen sie in Kauf: weg vom Klima, hin zum polizeilichen Einsatz und ihrer Opferrolle. Im Grunde forderten die Bewegten in erster Linie Aufmerksamkeit für sich und gar nicht so sehr Taten für eine bessere Welt, sagen dann deren Kritiker.
Konfrontation und Kompromiss
Muss das eine das andere ausschliessen? Nein. Lärm und Provokation gehören zum Geschäft auf der Strasse. Je spektakulärer der Konflikt vor dem Bundeshaus, desto grösser die Chance, dass der Kompromiss im Bundeshaus verbessert werden kann. Schnell genug? Wer weiss das schon? Aber vielleicht so schnell wie möglich. Solange die politisch Bewegten in den parteipolitisch Etablierten nicht einfach Erzfeinde sehen, ist vieles im Fluss. Alles wird gut.
Ursula von Arx träumt von radikalen Massnahmen gegen Klimaleugner, Vielautofahrerinnen und Vielflieger. Und ist froh, im politisch gemässigtesten System der Welt zu leben. Von Arx schreibt jeden zweiten Montag im BLICK.