Lukas Bärfuss ist der funkelnde Stern am Schweizer Literaturhimmel. Mit seinem furchtlosen Blick, seinem schlangenhüftig-lasziven Gang und seiner lachfaltenfreien Kieferpartie eroberte er die Herzen der Leserinnen im Flug und die der Jurorinnen ebenfalls: Im November werden sie ihm den wichtigsten deutschsprachigen Literaturpreis verleihen, den Büchner-Preis. Zu Recht.
Es ist richtig, dass ein Mann diese ruhmvermehrende Auszeichnung zugesprochen bekommt. Die Zeit ist reif für einen Mann.
Bekennender Hausmann
Doch wer Bärfuss in die Ecke der Männerliteratur stellt, der macht es sich zu einfach. Die Brillanz seiner Prosa ist nicht von der intellektuellen Sorte derer seiner Zeitgenossinnen. Bärfuss setzt sich in seinem Schreiben lieber mit seinen Liebeserfahrungen und dem Glück einer zweifachen Vaterschaft auseinander. Doch der bekennende Hausmann tut das so intensiv, dass der Verdacht sofort verfliegt, hier nutze jemand die Randstunden zwischen Putzen, Kochen und Windelnwechseln für Ausflüge ins Reich der Poesie.
Seine Literatur ist in hohem Masse autobiografisch, das hat er mit vielen seiner Kollegen gemein. Doch Lukas Bärfuss' besonderer Reiz ist auf den Umstand zurückzuführen, dass er ein Waise ist – er schreibt spürbar von einer physischen und psychischen Unbehaustheit aus. Diese löst bei der Leserin ein warmherziges Mitleid aus, das durch die strahlende Erscheinung dieses schriftstellernden Mannes nicht geschmälert wird.
Pop-Prinz des unruhigen Fleisches
Verdient hätte Bärfuss die Auszeichnung auch für den gerade unter kunstschaffenden Männern noch immer viel zu seltenen Mut, sich in öffentliche Diskussionen einzuschalten. Bärfuss tut das auf seine Weise: mit der emotionalen Wucht eines Betroffenen. Dabei gelingt es ihm immer wieder, eine andere, spezifisch männliche Sicht der Dinge aufzuzeigen.
Den Status als literarischer Pop-Prinz hat er sich mit seinen feuchtglänzenden Augen, den tief geschnittenen Augenringen und dem rhythmischen Beben unruhigen Fleisches in einer eng geschnittenen Lederjacke längst gesichert. Der Büchner-Preis lenkt die Aufmerksamkeit verdientermassen auch auf sein Werk.
#dichterdran – einmal über Schriftsteller schreiben, wie über Schriftstellerinnen geschrieben wird. Alles wird gut.
Ursula von Arx redet sich ein, dass es weder Frauen- noch Männerliteratur gibt. Sie mag beide. Von Arx schreibt jeden zweiten Montag im BLICK.