Zum Einstieg ein Zitat: «Sie können nicht einem Vertragsteilnehmer das Recht geben, den Vertrag einseitig zu verändern. Sie geben ihm sonst das Recht, den Vertrag nicht einhalten zu müssen.»
Der Basler SP-Nationalrat Beat Jans sagte dies am Donnerstag in der Debatte zum umstrittenen Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Die Mehrheit im Nationalrat teilte seine Meinung, vielleicht auch nur deshalb, weil wir in einem Wahljahr stecken.
Doch zum Frohlocken ist es zu früh. Erstens muss noch der mit vielen Versicherungslobbyisten durchsetzte Ständerat darüber befinden. Und zweitens liegt der Teufel im Kleingedruckten. Versicherungsunternehmen können weiterhin ihre Allgemeinen Vertragsbedingungen neu schreiben, sofern das im Vertrag ausdrücklich vorgesehen ist.
Wenden wir uns also jenen Veränderungen zu, die angeblich dem Konsumentenschutz dienen. So sollen Versicherungskunden neu das Recht erhalten, bis 14 Tage nach der Unterschrift vom Vertrag zurückzutreten. Sie können also, liebe Leser, getrost den Vertrag unterschreiben, sich nachher noch ein paar Gedanken darüber machen, ein paar Nächte darüber schlafen und dann ohne Angaben von Gründen dem Versicherungsagenten eröffnen, dass Sie eigentlich gar nicht interessiert seien.
Lernen vom Basar
Hallo, wo sind wir denn? Vor vielen Jahren war ich Reiseleiter in Tunesien. Hat sich ein Tourist mit dem Teppichhändler nach längerem Feilschen auf einen Preis geeinigt, der meist über 50 Prozent unter dem ursprünglich offerierten Preis lag, sagte der Händler, der Preis gelte nur, wenn man sofort kauft.
Ich sagte jeweils den Feriengästen, sie sollen nicht auf solche Verkaufstricks reinfallen, nichts überstürzen und sich für den Kauf Zeit lassen.
In der Schweiz ist orientalisches Geschäftsgebaren noch fremd. Obschon es unter Versicherungsmaklern auch welche geben soll, die den Konsumenten zum sofortigen Vertragsabschluss drängen.
Ist das aber ein Grund, bei Versicherungsverträgen ein 14-tägiges Widerrufsrecht einzuführen, wie wir es bei Haustürverkäufen kennen? Mündige Personen sollen wissen, dass die Unterschrift unter einen wichtigen Vertrag gut überlegt sein muss. Man muss dem Verkäufer sagen dürfen: Ich will darüber schlafen, es mir gut überlegen. Es soll sich keiner deshalb beleidigt fühlen.
Eine Beleidigung ist es höchstens, wenn man mir als mündigem Bürger nicht zutraut, die Konsequenzen einer Vertragsunterzeichnung abzuschätzen. Es ist auch eine Frage der Selbstverantwortung. Für Stephan Fuhrer, Professor für Privatversicherungsrecht an der Uni Basel, wird übrigens die Bedeutung dieses Widerspruchsrechts völlig überschätzt.
Was wurde am Donnerstag sonst noch beschlossen, was für uns Konsumentinnen und Konsumenten wirkliche Vorteile brächte? Namhaftes wäre mir entgangen.