Fix zur Gesellschaft
Sonderliche Messebesucher und arrogante Aussteller

Publikumsmessen mit Lockenstab und Sparschäler gehen ein. An spezifische Messen aber geht man. Etwa an die Weinmesse in Zürich. Doch dort trifft man vor allem auf Aussteller, die die Schnauze voll haben und einem bloss zögernd ein Gläschen einschenken.
Publiziert: 16.11.2019 um 13:21 Uhr
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Aktualisiert: 18.11.2019 um 08:57 Uhr
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Alexandra Fitz, stv. Leiterin SonntagsBlick Magazin.
Foto: Thomas Meier
Alexandra Fitz

Messen sind ein spezielles Biotop. Egal, ob Aussteller oder Besucher: Man trifft dort auf ganz eigene Typen. Allerdings immer seltener, denn Publikumsausstellungen, wo vom Hobel über den Lockenstab bis zum Whirlpool alles gezeigt wird, gehen nach und nach ein. Die besten Überlebenschancen haben Fachausstellungen. Also jene Messen, die man für etwas ganz Bestimmtes besucht. Einerseits freut man sich darauf, neue Sachen gezeigt zu bekommen, andererseits graut einem vor der Masse an der Messe. Da hat man aber noch nicht mit der Arroganz der verstaubten Weinwelt gerechnet.

Es war an einem frühen Abend, als wir vor der Expovina, der Zürcher Weinmesse, standen. 15 Tage lang ankern zwölf Schiffe am Zürcher Bürkliplatz und verlocken im ereignislosen November zum Trinken. Vor unserem Vorhaben graute mir. An einem Montag aufs Weinschiff – ziemlich taff. Schon am ersten Stand zeigte sich die Spezies Aussteller von ihrer fürchterlichsten Seite. Unfreundlich. Ignorant. Überheblich. Wir mussten fast darum flehen, ein Glas Wein zu erhalten. Man kann jetzt gerne sagen: Nach einer gewissen Zeit sind sie die Leute leid. Man kann jetzt gerne sagen: Ab einem gewissen Pegel sind sie die Leute leid. Aber dann sag ich: Sie sind doch da zum Verkaufen, oder? Und: Mittlerweile kostet der Eintritt auch 30 Franken. Den bezahlt man gerne, aber nicht für arrogante Lackaffen mit vergorenem Traubensaft.

Ein Prosit auf Ungarn

Gegen Ende des Abends kamen wir an einen Stand, hinter der Theke ein Mann und eine Frau. Die Hälfte des Angebots kam aus Ungarn. Ungarische Weine? Eine Neuheit für mich. Ich frage die Dame also: «Was ist denn das Besondere an ungarischen Weinen?» Sie antwortet: «Was ist denn das Besondere an französischen?» Äh, Tschuldigung? Die sind weltbekannt, seit keine Ahnung wie lang. Den Standbetreibern scheint der Wein in den Kopf gestiegen zu sein.

Die junge Dame neben mir bekommt die Unterhaltung mit und sagt interessiert: «Ist es nicht so, dass die Ungarn im Weinanbau total am Aufkommen sind?» Da sagt die Vertreterin der ungarischen Säfte doch tatsächlich: «Keine Ahnung, sie haben es einfach jahrelang verschlafen, weil sie zu faul sind, gewisse Zettel auszufüllen!» Da lacht die junge Dame nebenan laut auf und sagt ziemlich keck: «Ich glaube, ich verkaufe Ihre komischen ungarischen Weine grad besser als Sie!» Wir schütteln alle den Kopf und lassen den Ungarn stehen.

Beim Verlassen der Messe rettet wieder einmal ein Bündner ihre Ehre. Obwohl bereits die Ansage der Schliessung durch die Schiffe hallt, schenkt er uns noch zwei Gläser vom vorher verkosteten Chardonnay ein. Und weil ich diese Traube nicht ausstehen kann, mir selbstverständlich ein Gläsle Pinot Gris. Kein Wunder, sind die Bündner so erfolgreich (mit ihren Weinen).

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