«Du bist doch Österreicherin», raunte es in den letzten Wochen durch die Redaktion. «Nein. Ja. Also irgendwie schon.» Österreich ist nicht meine Heimat, aber in meinem Herzen. Der Pass ist längst gelocht, also ungültig. Doch was will ein Dokument schon wissen.
Man ging nach Österreich zum Einkaufen und Skifahren. Man fuhr mit dem Bus über die Grenze zur Schule und studierte im roten Wien bei Bürgermeister und Landeshauptmann Häupl. Über 23 Jahre Bürgermeister? Wie geht das? Wurscht, es ging. Es gab schon immer die Sprüche «Nachm Arlberg fängt der Osten an». Gemeint war eben dieses Häupl-Wien, denn am anderen Ende von Österreich, im Westen, an der Grenze zur Schweiz, wählt man die ÖVP, die Bürgerlichen. Kurz: Kurz.
Man wuchs mit Falco auf (okay, manchmal erklang auch Peter Cornelius aus den Lautsprechern), man sagte Marillen, und freitags gab es Kaiserschmarren. Bei uns fante man für Herminator, Eberharter und Raich. Bei Witzen war es immer Österreich, das aufs Dach bekam. «Lieber tot als rot-weiss-rot». Heute hat man längst neue Sündenböcke gefunden. Oder?
Nach dem Ibiza-Video, nach den Rücktritten, mitten in der Regierungskrise, frage ich mich: Partei ergreifen oder mitlachen? Jeder kennt das Gefühl, wenn etwas, das einem vertraut ist, angegriffen wird. Wie verhält man sich? Die Österreicher fragen: «Du, was sagen eigentlich deine Schweizer Gspändli?» Man ist halt schon etwas betupft. Diejenigen, die Strache mit seinen «Daham statt Islam»-Plakaten immer schon deppert fanden, fühlen sich bestätigt. Die anderen behaupten, jeder Politiker hätte Dreck am Hemd. Ois hoib so wüd.
Um zu sehen, wie es Österreich geht, geh ich nun nach Wien, werde in die Bim sitzen, die Ringstrasse entlangfahren und Weiss-Gspritzten im Beisl trinken, mir den leiwanden Dialekt der Wiener anhören und dann ins Weinviertel naus aufs Land fahrn. Dann werde ich hoffentlich wieder merken, warum dieses kleine Land so gross ist, und warum mein Herz daran hängt.