Während ich diese Zeilen schreibe, ist mein Fenster sperrangelweit offen. Die Sonne scheint mir ins Gesicht. Einen Moment bitte, ich muss kurz die Sonnenbrille holen …
So hier bin ich wieder. Das ist kein Scherz. Wann hatte ich schon mal eine Sonnenbrille an beim Arbeiten? Neben mir brennt täglich ein Kerzli. Wann habe ich schon mal Feuer gemacht im Grossraumbüro?
Das kleine Tischli, das ich mir ans Fenster gestellt habe, ist nicht ganz so stabil. Was daran liegt, dass es eine umgekehrte Weinkiste auf vier Holzbeinen ist. Ich habe das Tischli in einem Restaurant in Bern gekauft. Es stand an unserem Mittagstisch als Beistelltischli am Kopfende. Ich fragte den Wirt, und er verkaufte mir eines. So fuhr ich mit dem Tischli unterm Arm zurück nach Zürich. Moment kurz, ich muss den Wollpulli ausziehen. Die Frühlingssonne ...
Gestern vor der Haustüre liefen mir übrigens die Besitzer von Frischknecht Möbel über den Weg. Ich schrieb an dieser Stelle schon, wie zufrieden ich war mit dem Kauf meines Betts in dem kleinen, unscheinbaren Quartierladen. Eineinhalb Jahre später grüsst man sich auf der Strasse noch. Hat Sie schon mal jemand von Ikea, Pfister und Co. gegrüsst?
Im Radio beklagt sich grad einer über das Wort «Homeoffice». Er könne es nicht mehr hören. Was sei denn mit all den anderen? Wie etwa ihm, der auf der Baustelle arbeitet. Man solle bitte bedenken, dass nicht alle am «Homeofficen» seien. Moment, ich muss kurz aus dem Fenster schauen. Die Feuerwehr rückt aus ...
Bei denen ist es seit Wochen ruhig. Keine Sirenen, dafür fahren sie manchmal (ich glaub aus Langeweile) die Leiter ganz aus – und wieder ein. Jetzt herrscht etwas Betrieb. Auf den Balkonen zu meiner Rechten herrscht nun auch mehr Betrieb. Die Synagoge ist geschlossen, die jüdisch-orthodoxe Gemeinschaft betet jetzt auf den Balkonen. Während ich sie beobachte, vernehme ich ein mir vertrautes Geräusch.
Ganz schön viel los an meinem Fenster zur Welt! Ich blicke zu den Bäumen im Innenhof und erkenne sie. Die Türkentaube! Ich habe Ihnen letzten Sonntag erzählt, wie glücklich mich ihr Ruf macht. Und nun landet sie auf dem Baum vor meinem Fenster. Eine zweite gesellt sich zu ihr. A Tuubepäärli! Ich zücke mein Handy, um ein Foto zu machen, aber sie fliegen bereits wieder weiter.