Sie tänzeln alle um mich rum. Ist es mein oranger Pulli? Ist es mein Parfum? Ist es meine positive Energie? Ja so in die Richtung. Ich sitze an der Quelle. Beziehungsweise beim Strom. Also neben der Steckdose. Gleich vorweg ein Gratis-Flirttipp: Wenn Sie in einem Kafi sind oder an einem geteilten Arbeitsplatz oder in einem Buchsalon, der Laden Kafi und alles gleichzeitig ist, setzen Sie sich neben eine Steckdose. Am besten bringen Sie eine Leiste mit 23 Einsteckmöglichkeiten von zu Hause mit. Sie werden der Star sein, und die anderen werden in Scharen um Sie tänzeln. Sie werden gezwungenerweise ins Gespräch kommen. Das ist doch schon sehr viel in Zeiten von Tinder. Ich dachte immer, Hunde sind der perfekte Flirt-Einstieg. Nein! Es ist der Strom aus der Buchse!
Denn der ist kostbar. Nicht im Sinne von nicht leistbar in der Schweiz, sondern im Sinne von: «Oh fuck, mein Handy hat nur noch zwei Prozent Akku – mein Leben ist vorbei!» oder «Mist, mein Laptop hat gleich keinen Saft mehr: Dann kann ich auch gleich kündigen!»
Das kann dann so aussehen: Morgens um 10 Uhr in einem Kafi-Buchladen-Treffpunkt-Dingsbums in Zürich – gerade geöffnet, stürmen die Ersten zu den besten Plätzen. Nein! Nicht die am Fenster, die mit Steckdose! Und dann passieren Situationen wie: «Sorry, kann ich mein Ding bei dir reinstecken?» – «Äh nein, sorry, du kannst dein Ding nicht bei mir reinstecken. Der Kollege nebendran war vor dir mit Fragen.» – «Wir wollen eben bewusst kein Coworking Space sein, daher gibt es nicht mehr Steckdosen», sagt die freundliche Bedienung auf den Vorschlag des Eifrigen, doch Steckdosenleisten anzubringen. Derweil werden digitale Nomaden – heute arbeiten ja alle immer und überall – von kleinen, runden Tischen vertrieben. Arbeiten sei dort nicht erlaubt. Sie spähen nach leeren Plätzen, da, wo es erlaubt ist, drängen sich dazwischen und sagen, sie seien vertrieben worden, um dann gleich wieder um einen rumzutänzeln – nicht wegen des orangen Pullis oder des Parfums –, sondern wegen der Fragen aller Fragen: «Sorry, kann ich mein Ding bei dir reinstecken?»