ETH-Präsident Joël Mesot
Unterwegs zum nachhaltigen Campus

Joël Mesot ist Präsident der ETH. Der erste Romand in diesem Amt seit über 100 Jahren. In dieser Kolumne widmet er sich der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Politik.
Publiziert: 14.12.2019 um 14:27 Uhr
|
Aktualisiert: 15.12.2019 um 16:06 Uhr
Joël Mesot(55), Präsident ETH Zürich.
Foto: Markus Bertschi
Joël Mesot

Die Uno-Klimakonferenz in Madrid hat bestätigt, was wir eigentlich schon wissen: Die Staatengemeinschaft muss rasch handeln, um den Trend weiter wachsender CO2-Emissionen zu brechen. Die ETH Zürich bildet nicht nur Ingenieurinnen und Naturwissenschaftler aus und betreibt Forschung, um Lösungen im Kampf gegen die Klimaerwärmung zu entwickeln. Mit 22'000 Studierenden und 9000 Mitarbeitenden an zwei Standorten in Zürich ist sie eine Stadt in der Stadt, die selber Treibhausgase verursacht. Wie wir den Campus nachhaltiger gestalten möchten, und wo es auch schwierig wird, sollen drei Beispiele verdeutlichen. Es geht ums Essen, ums Heizen und Kühlen unserer Gebäude und schliesslich ums Fliegen.

Problem Campus-Gastronomie

«Un ventre affamé n'a pas d’oreilles» – ein leerer Magen hat bekanntlich keine Ohren. Das gilt auch für ETH-Studierende. Ihren Hunger können sie in 20 Restaurants und Cafeterias stillen, in denen jedes Jahr rund 1,7 Millionen Mahlzeiten verspeist werden. Welche Faktoren eine nachhaltige Campus-Gastronomie ausmachen, wurde zwischen 2013 und 2016 in mehreren Studien erhoben. Darauf aufbauend läuft zurzeit ein dreijähriges Programm, mit dem wir den CO2-Fussabdruck verschiedener Restaurants um 10 Prozent reduzieren wollen. Wir setzen an unterschiedlichen Hebeln an: mehr vegetarische Menüs, weniger Essensabfälle und ein bewusster Umgang mit Verpackungen bei Take-away-Gerichten.

Den Campus Hönggerberg frequentieren täglich 12'000 Studierende und Mitarbeitende. Die allermeisten ETH-Angestellten – 94 Prozent – kommen übrigens zu Fuss, mit dem Velo oder dem öffentlichen Verkehr zur Arbeit. Als 2005 die Sanierung der alten Erdgasheizkessel auf dem Hönggerberg anstand, fällte die Schulleitung einen weitsichtigen Entscheid. Statt weiter auf fossile Brennstoffe zu setzen, investierte man in ein Erdspeichersystem. Den Erdspeicher kann man sich als unterirdisches Rohrsystem vorstellen, durch welches warmes und kaltes Wasser fliesst. Im Sommer wird Abwärme geerntet und im Erdreich gespeichert, um im Winter damit Lehrgebäude und Labors zu beheizen. Im Sommer passiert das Umgekehrte: Wasser kühlt die Gebäude. Im Endausbau möchten wir mindestens 80 Prozent der fossilen Energie gegenüber dem Stand von 2006 einsparen. Eine Zwischenbilanz zeigt – wir sind auf Kurs.

Wissenschaftler fliegen – das ist ein Problem

Bleibt das Fliegen. Ein schwieriges Thema, denn Wissenschaft ist grenzüberschreitend und der persönliche Austausch an Konferenzen wichtig. Trotzdem müssen wir uns einen Ruck geben, gehen doch mehr als die Hälfte aller Treibhausgase der ETH aufs Konto von Flugreisen. Departemente, Schulleitung und Verwaltung haben sich darauf geeinigt, die Pro-Kopf-Emissionen durch Flugreisen zwischen 2019 und 2025 um 11 Prozent gegenüber einem Mittelwert der Jahre 2016 bis 2018 zu reduzieren. Der vermehrte Einsatz von Video-Konferenzen kann hierzu beitragen, aber es wird nicht ohne Verzicht gehen.

Essen, Heizen und Kühlen sowie Fliegen: Die Massnahmen in den drei Bereichen sind Schritte auf dem Weg zur 50-Prozent-Reduktion unserer CO2-Emissionen bis 2030, wie sie der Bundesrat vorgegeben hat. Dabei kommt uns entgegen, dass wir schon seit 2006 den CO2-Fussabdruck der Hochschule erfassen und analysieren. Eine saubere Analyse ist schliesslich die Grundlage für nachhaltiges Handeln.

Ihr Joël Mesot

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?