Foto: KEY

ETH-Präsident Joël Mesot über die Robotik-Industrie
Schweizer Drohnen für die Welt

Joël Mesot ist Präsident der ETH. Der erste Romand in diesem Amt seit über 100 Jahren. In dieser Kolumne erzählt er von Schweizer Drohnen.
Publiziert: 02.06.2019 um 09:43 Uhr
|
Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:04 Uhr
Ordentlicher Professor und seit 1. Januar 2019 Präsident der ETH Zürich: Joël Mesot.
Joël Mesot

Chris Anderson ist ein alter Fuchs in der Technologieszene. Der ehemalige Chefredaktor des Magazins «Wired» und Gründer
einer US-Drohnenfirma hat die Schweiz schon vor ein paar Jahren als Silicon Valley der Robotik bezeichnet. Unser Land hat in der Tat mit Zürich und Lausanne als Zentren eine weltweit beachtete Robotik-Forschung, aus der in den letzten Jahren Dutzende von Start-up-Firmen entstanden sind. Diese Entwicklung ist auch einer liberalen Gesetzgebung und der guten Zusammenarbeit mit den Behörden zu verdanken. Der neuste Technologie-Outlook der Schweizer Akademie der Technischen Wissenschaften sieht denn auch ein grosses Potenzial in der Entwicklung einer Schweizer Drohnen-Industrie. Dies möchte ich anhand von drei Beispielen aus der ETH beleuchten.

Die Hightech Drohnen

Die Jungfirma Auterion geht auf eine Masterarbeit an der ETH zurück, die in der Folge zu einer Open-Source-Software für die Navigation von Drohnen weiterentwickelt wurde. Die PX4-Software ist zu einer Art Android für Drohnen geworden, also einem Betriebssystem, auf dem verschiedenste Anwendungen möglich sind. Grosse Firmen wie Amazon Prime Air oder Yuneec – der weltweit zweitgrösste Drohnenhersteller – wie auch kleinere Unternehmen setzen auf Auterion. Während Auterion selber keine Drohnen herstellt, ist die Produktion hochwertiger Drohnen das Kerngeschäft der Jungfirma Wingtra, die 2012 als Studierenden-Projekt startete und 2016 zur Firma wurde. Wingtra verkauft ihre Drohnen zur Kartografierung ganzer Landstriche oder zur Vermessung von Minen. Die Drohne, die vertikal startet und horizontal fliegt, kann bis zu 240 Fussballfelder vermessen und dreidimensionale Karten erstellen.

Flugsicher auch beim Ausfall der Rotoren

Schliesslich noch ein paar Worte zu Verity Studios, das von Zürich-Oerlikon aus die Unterhaltungswelt mit seinen Drohnen erobert. Ob im Circus Knie, auf einer Tournee des kanadischen Rappers Drake oder in der Neujahrsshow des chinesischen Fernsehens: In allen Fällen sind die Drohnenschwärme von Verity Studios Teil des Spektakels. Die Firma hat zudem einen Algorithmus entwickelt, der die Fluggeräte selbst bei Ausfall von zwei Rotoren immer noch manövrierfähig macht. Sicherheitsaspekte werden mit der Ausbreitung von Drohnen im Alltag immer wichtiger. Auterion, Wingtra und Verity Studios: Allein diese drei Firmen haben in kurzer Zeit gegen 200 hochqualifizierte Arbeitsplätze in Zürich geschaffen – und suchen händeringend nach weiterer Verstärkung.

Ein Schweizer Verdienst

Drohnen werden in naher Zukunft vermisste Personen in unwegsamem Gelände aufspüren, die Inspektion industrieller Grossanlagen oder die Überwachung von landwirtschaftlich genutzten Feldern ermöglichen. Und vieles mehr. Die Schweiz hat mit ihrer Forschung bereits dazu beigetragen, dass sich Robotik und Drohnentechnologie in den letzten Jahren derart entwickeln konnten. Die Chancen stehen gut, dass wir nun auch von der industriellen Umsetzung des Fortschritts profitieren können und nicht – wie in der Vergangenheit auch schon geschehen – die Grundlagen für Innovationen liefern und das Geschäft anderen überlassen.

Ihr Joël Mesot

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?