ETH-Präsident Joël Mesot über die Raumfahrt
Wir und das All

Joël Mesot ist Präsident der ETH. Der erste Romand in diesem Amt seit über 100 Jahren. In dieser Kolumne widmet er sich der Schweiz und der Weltraumfahrt.
Publiziert: 29.06.2019 um 10:36 Uhr
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Aktualisiert: 01.07.2019 um 17:32 Uhr
Joël Mesot

Die Schweiz hat rekordverdächtige Hitzetage hinter sich. Rekordverdächtig war auch der Aufmarsch an Nobelpreisträgern und Astronauten, die sich in den vergangenen Tagen am Starmus-Fes­tival in Zürich ein Stelldichein ­gaben. Das Treffen stand im Zeichen der ersten Mondlandung, die auch hierzulande in Sonderbeilagen, Podien und Ausstellungen gewürdigt wird. Und dies zu Recht, stammt doch das Windsegel, das Astronaut Buzz Aldrin nach der Landung auf dem Mond ausrollte, aus den ­Labors der Universität Bern. Und die Apollo-Helden trugen bekanntlich Schweizer Uhren.

Die Schweiz und die Weltraumfahrt, dieses Thema erschöpft sich längst nicht in der Beteiligung an der ersten Mondlandung. Zum einen ist die Schweiz Gründungsmitglied der Europä­ischen Raumfahrtagentur (ESA). Zum andern war und ist sie an vielen Forschungsprojekten und Missionen von ESA und Nasa beteiligt – und mit Claude Nicollier war in den 90er-Jahren auch der erste Schweizer Astronaut im All. Noch frisch in Erinnerung ist die Landung des InSight- Lander, der nach sechsmonatiger Reise Ende November 2018 auf dem Mars aufsetzte. An Bord: ein Seismometer, dessen Steuerungselektronik an der ETH entwickelt wurde. Die ­Motoren, welche die Messsonde in den Marsboden trieben, kommen von der Firma Maxon aus Sachseln OW.

Der Physiker Joël Mesot ist Präsident der ETH Zürich – der erste aus der Romandie seit über 100 Jahren.

Schweizer Beteiligung an Mars-Mission

Die Daten von InSight über Marsbeben oder Meteoriteneinschläge werden an die ETH übermittelt und dort ausgewertet. Noch diesen Herbst will die ESA das an der Universität Bern entwickelte Weltraumteleskop Cheops ins All schiessen, das den Durchmesser von Planeten ausserhalb unseres Sonnensystems bestimmen soll. 2020 ist eine weitere Mission mit Schweizer Beteiligung zum Mars geplant: Das ExoMars-Programm soll auf dem Planeten Spuren früheren Lebens nachgehen.

Nun mag man einwenden, dass die Beteiligung an solchen Weltraumexpeditionen zwar neue Einsichten in die Entstehung ­unseres Universums gibt, aber wir uns doch besser unseren irdischen Problemen widmen sollten. Wer so denkt, verkennt den Zusatznutzen der Raumfahrttechnologien. Vieles, das ursprünglich für die extremen Bedingungen im All entwickelt wurde, findet seinen Weg in unseren Alltag: Wir kommunizieren weltweit über unsere Handys, lassen uns mithilfe der Navis in unseren Autos sicher durch fremde Städte lotsen und nutzen die Wetterprognosen für die Planung der nächsten Wanderung.

Mit Know-how der Ruag

All dies wäre ohne das dichte Netz von Satelliten, die um die Erde kreisen und kontinuierlich Daten zur Erde schicken, nicht möglich. Damit Satelliten beim Start vor den hohen Temperaturen geschützt sind, setzt die ESA auf das Know-how der Ruag, die für die Trägerraketen Ariane und Vega die Nutzlastverkleidungen liefert.

Zum Technologietransfer trägt auch das ESA-BIC-Programm bei, das seit 2016 in der Schweiz vertreten ist und Start-ups fördert, die entweder Raumfahrttechnologien für Anwendungen auf der Erde adaptieren oder umgekehrt terrestrische Technik in die Raumfahrt transferieren. All dies zeigt, dass die Schweiz einen festen Platz in der europäischen Raumfahrt hat. Ein Grund, das Jubiläum der ersten Mondlandung mit doppelter Freude zu begehen.

Ihr Joël Mesot

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