«Dann geh doch zurück!» – das würden Ihnen wohl nun viele gern zurufen. Allerdings treffen Sie mit Ihrer Kritik einen interessanten Punkt. Unsere Kultur ist nämlich in der Tat ein bisschen verklemmt und hintenrum. Wir haben fürchterlich Mühe, einander ins Gesicht zu sagen, was wir voneinander denken und wollen, und zwar im Positiven wie im Negativen. Menschen, die Gefallen aneinander gefunden haben, sind deswegen dermassen verstört, dass sie sofort cool wegschauen, anstatt was Nettes zu sagen. Und wenn zwei miteinander ein Problem haben, erfährt es wohl das gesamte Umfeld, der Widersacher aber nur durch passiv-aggressive Bemerkungen. Oder per E-Mail.
Wir sind auch nicht in der Lage, zwischen unserer Person und unserer Arbeit zu unterscheiden – und sind masslos gekränkt, wenn jemand diese kritisiert.
Auch Schweizer leiden unter der verknorzten Art
Es verwundert nicht, dass das alles enorm umständlich und anstrengend wirkt auf jemanden, der aus einem Land kommt, in dem man – ohne dabei unhöflich zu sein – sagt: «Ich krieg 'n Croissant!» Statt: «Könnte ich bitte ein Gipfeli haben?» Die Frage ist nun, wie Sie, die es offenbar gern direkt haben, sich in einem Biotop bewegen, das es am liebsten möglichst indirekt hat. Die Antwort lautet: Suchen Sie sich Leute, die Ihnen ähnlich sind. Es gibt einen Haufen Schweizerinnen und Schweizer, die genau gleich an der verknorzten Art leiden, wie hierzulande miteinander umgegangen wird, und heilfroh sind, wenn sie sich nicht ständig verstellen müssen.
Denn das ist es ja: eine Verstellung. Ein höfisches Spiel, das immer lächelt, anstatt auch mal auf den Tisch zu hauen. Diese heuchlerische Alltagsdiplomatie macht alles nur kompliziert. Bleiben Sie also, wie Sie sind, und vor allem: Bleiben Sie bitte hier. Wir brauchen Sie dringend. Als Botin der Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit.