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BLICK-Kolumnistin Patrizia Laeri über Lohngleichheit
Mit Technologie gegen Tabus

Unternehmen und Politik sperren sich gegen Lohntransparenz. Doch der Kampf ist vergebens. Technologien werden für faire Löhne sorgen und Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern beseitigen, schreibt BLICK-Kolumnistin Patrizia Laeri.
Publiziert: 19.02.2019 um 23:38 Uhr
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Patrizia Laeri

Warum sollen eigentlich jene am meisten verdienen, die besonders aggressiv verhandeln oder Freunde des Chefs sind? Wir alle wollen fair behandelt werden. Doch gerade Verhandeln liegt vielen Menschen nicht. Die gute Nachricht: Digitalisierung wird Verhandeln früher oder später überflüssig machen.

Digitale Plattformen wie Payscale und Glassdoor zeigen jetzt schon, wie viel wir in welchem Job verdienen könnten. Sie berechnen unseren Wert mit Big Data. Payscale verflucht die bisherige Lohnpolitik der Geschäftswelt gar als schwarze Magie. Sie wollen eines der letzten Machtmittel der Chefs ans Licht zerren.

Immer mehr Firmen treten mit Lohnzahlen freiwillig ans Licht. Verve, ein britisches Technologieenternehmen, hat alle Lohndaten intern zugänglich gemacht. Mitarbeiter können die Gehälter ihrer Chefs und Kollegen checken. Und oh Wunder, niemand hat das Unternehmen verlassen. Verve hat nämlich nichts zu verstecken – auch keine Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern.

Buffer, ein amerikanisches Start-up, hat alle Löhne der Mitarbeiter öffentlich auf seiner Website aufgeschaltet. Was ist passiert? Die Bewerbungen haben deutlich zugenommen. Offenheit macht Mitarbeiter kooperativer und produktiver, zieht Buffer Bilanz. Buffer bezahlt Frauen und Männern auf derselben Stufe gleich viel. Die Tech-Firma hat allerdings befürchtet, dass die Konkurrenz wildern und ihren Leuten gezielt mehr Geld bieten werde. Auch das ist nicht passiert.

Auch einige wenige Schweizer Firmen zeigen übrigens, was sie zahlen. Zum Beispiel Ergon Informatik oder die Forschungsfirma Empiricon.

Wer die Löhne der Kolleginnen kenne, werde neidisch, warnen Kritiker. Aber wer nichts zu verbergen hat, muss Missgunst nicht fürchten. Wenn Mitarbeiter sehen können, wie Gehälter mit neutralen, verständlichen Formeln erklärt werden, sind sie nicht neidisch. Verve und Buffer setzen auf einfachste Lohnformeln. Jede Funktion hat einen Standardlohn. Ausbildung, Erfahrung und Lebenskosten am Standort können diesen erhöhen.

Der Druck auf gerechte und gleiche Löhne wird steigen. Menschen wählen Arbeitgeber nicht danach aus, was sie sagen, sondern was sie tun. Sie wollen sehen, dass es Firmen wirklich ernst ist, alle einzuschliessen und fair zu behandeln. Menschen sind klar zufriedener, wenn sie für den gleichen Job auch gleich viel verdienen. Und gerade Frauen werden sich zunehmend die Firmen aussuchen, die das auch bieten. #aufbruch

Patrizia Laeri (41) ist Wirtschaftsredaktorin und -moderatorin von «SRF Börse» und «Eco» sowie Beirätin im Institute for Digital Business der HWZ. Sie schreibt jeden zweiten Mittwoch für BLICK.

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